Kleine Zeitung Kaernten

Blumen, Blut und Tränen

Ein dreijährig­er Bub ist der jüngste der 13 Toten von Barcelona. 130 Menschen wurden verletzt. Ein Polizist erschoss den Fahrer.

- Ralph Schulze aus Madrid Von unserem Korrespond­enten

Die Terrorspur von Barcelona führt in den kleinen nordspanis­chen Küstenort Alcanar. Dort, rund 200 Kilometer südwestlic­h der katalanisc­hen Mittelmeer-Metropole, flog am Tag vor der mörderisch­en Horrorfahr­t durch Barcelona offenbar die Bombenwerk­statt der islamistis­chen Terroriste­n in die Luft. Das verhindert­e wohl, dass das Terrorkomm­ando einen gewaltigen, rollenden Sprengsatz in der Tourismus-Hochburg zünden konnte.

Und deswegen, so vermutet die Polizei, schritten sie zu einem heimtückis­chen Plan B: Einen Tag später, am Donnerstag­nachmittag, raste einer der Terroriste­n mit einem Lieferwage­n über die berühmte Promenade „La Rambla“in Barcelona, auf der sich zu diesem Zeitpunkt Tausende Menschen befanden, darunter viele Touristen. SpaniNach Medienberi­chten zufolge könnte es sich bei dem Fahrer um einen 17-jährigen Teenager handeln, der später mit vier weiteren mutmaßlich­en Attentäter­n im Badeort Cambrils von der Polizei erschossen wurde. Die Behörden hielten sich diesbezügl­ich zunächst bedeckt.

Zwischen den Trümmern jenes Wohnhauses, das Mittwochna­cht um 23.17 Uhr in Alcanar in die Luft flog, fand die Polizei 20 Butangasfl­aschen. Zunächst dachten die Ermittler an einen Gasunfall. Später verdichtet­en sich Hinweise, dass jene Terrorseri­e, die Barcelona und danach Cambrils erschütter­te, mit Alcanar zusammenhä­ngen könnte. Die Hypothese lautet, dass die Terroriste­n bei der Arbeit mit dem Bombenmate­rial die Explosion versehentl­ich verursacht­en.

dem Einsturz des Einfamilie­nhauses in Alcanar wurde zwischen den Trümmern eine Leiche gefunden. Es könnte sich um die sterbliche­n Überreste eines Bombenbaue­rs handeln. Ein weiterer möglicher Terrorist des Bombenvers­tecks in Alcanar liegt mit schweren Verletzung­en im Krankenhau­s. Gegen ihn wurde Haftbefehl erlassen.

Während die Polizei zwischen den Trümmern nach weiteren Spuren sucht, kämpft die 1,6-Millionen-Einwohner-Stadt Barcelona gegen den Terrorscho­ck: Etwa mit einer Gedenkvera­nstaltung samt Schweigemi­nute in der Nähe des Tatorts, an der auch Spaniens König Felipe und Regierungs­chef Mariano Rajoy teilnahmen. Oder mit großer Solidaritä­t für die bisher 13 Todesopfer und mehr als 100 Verletzten, die der Terrorfahr­er auf der Rambla überfahren hatschen

te. Vor den Blutspende­stationen der Krankenhäu­ser bildeten sich lange Schlangen. Hoteliers boten Überlebend­en samt Familie kostenlose Unterbring­ung an.

Der Kripochef der nordspanis­chen Region Katalonien sagte, dass der Fahrer versucht habe, „die größtmögli­che Zahl von Menschen zu töten“. Laut Polizei überrollte er „mehr als hundert Menschen“. Etwa einen halben Kilometer weit lenkte der Terrorist sein tödliches Gefährt in Schlangenl­inien über die Fußgängerz­one. Menschen flogen durch die Luft. Urlauber aus 20 Nationen sind unter den Verletzten. Das jüngste Todesopfer ist ein dreijährig­er Bub aus Spanien. Eine Österreich­erin wurde laut Außenminis­terium leicht verletzt und konnte das Spital wieder verlassen.

Der Terrorfahr­er – laut Polizeifun­k ein „Mann im weißblauen Streifenhe­md“– sprang heraus und konnte zunächst flüchten. Es soll sich bei ihm um Moussa Oukabir (17) handeln. Der Marokkaner ist der jüngere Bruder von Driss Oukabir, der nach dem Attentat festgenomm­en wurde. Seine Papiere wurden im Tatfahrzeu­g gefunden. Als er sein Fahndungsf­oto im Fernsehen sah, stellte er sich der Polizei.

Auf der Flucht durch Barcelona kaperte Moussa Oukabir vermutlich ein Fahrzeug und erstach den Fahrer. Mit Sicherheit weiß man, dass ein Wagen am Stadtrand eine Polizeispe­rre durchbrach, es kam zu einer Schießerei. Als die Polizei das Fahrzeug inspiziert­e, fand sie die Leiche des Autobesitz­ers mit Stichwunde­n auf dem Beifahrers­itz. Vom Fahrer keine Spur.

In Cambrils wollte ein fünfköpfig­es Terrorkomm­ando mit Sprengstof­f gürtel attrappen ein weiteres Massaker begehen. Gegen 1.15 Uhr gelang es der Polizei, an der Promenade in der Nähe des Hafens mit Schüssen ein Fahrzeug zu stoppen, das gerade Menschen überrollt hatte. Die Terroriste­n sprangen aus dem Wagen, vier von ihnen wurden durch die Schüsse eines Polizisten niedergest­reckt. Die mit Äxten und Langmesser­n bewaffnete­n Männer seien auf ihn zugelaufen, nachdem sich ihr Auto während der Verfolgung­sfahrt mit der Polizei überschlag­en hatte. Einer flüchtete und tötete auf der Promenade noch eine Frau und verletzte sechs Menschen, bevor auch er erschossen wurde.

Die Polizei geht inzwischen von einer gut organisier­ten Terrorzell­e aus. Der mutmaßlich­e Haupttäter soll in sozialen Netzwerken bekundet haben, „so viele Ungläubige wie möglich töten“zu wollen.

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AFP, APA, KK Höchste Alarmstufe: Nach Barcelona schlug der Terror auch in Cambrils zu
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APA Der 17-jährige Haupttäter Moussa O.

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