Kleine Zeitung Kaernten

Wanda in der Tüte und am Ende ein Joint Venture

Donnerstag­nacht ging das Frequency Festival mit Wanda und Mumford & Sons zu Ende. Bilanz: Es war sehr nett, aber zu wenig frech.

- Julian Melichar

Bevor der Alltag wieder um sich greift und seine alten Gesetzmäßi­gkeiten mit sich zieht, feierte man in St. Pölten am Donnerstag ein letztes Mal das gepflegte Durcheinan­der. Den ersten Höhepunkt des finalen Frequency-Tages gab es mit dem halb österreich­ischen, halb deutschen Duo RAF Camora & Bonez MC, das zu relativ ziviler Tageszeit eine Armada an Fans anlockte. Die beiden Deutschrap­per versuchten sich am gewagten Experiment „Deutsch Dancehall“und scheiterte­n damit nicht.

Nach Tagen der uneingesch­ränkten Glückselig­keit unter den Festivalbe­suchern und dem Kopfstand einer ganzen Stadt kann das Frequency 2017 Bilanz ziehen. Von den 120.000 Besuchern an drei Tagen wurden 1830 vom Roten Kreuz versorgt – 600 mehr als im Vorjahr also. Im Falle der angebliche­n Vergewalti­gung am Festivalge­lände wurden keine weiteren Schritte eingeleite­t. Neben den üblichen Diebstähle­n gab es vor allem einige Suchtmitte­ldelikte. Das verwundert nicht wirklich, der „Spliff“glühte ja bereits mit Bilderbuch am zweiten Tag. Der große AmiImport und Cannabisme­ssias Wiz Khalifa verteilte die kleinen Besen regelrecht. – Allerdings nur in Form von überdimens­ionalen Aufblasjoi­nts.

Am dritten Festivalta­g beehrten Wanda das Publikum. Im direkten Vergleich zu älteren Auftritten wirkten die fünf Wiener etwas zu hastig. Marco Michael Wanda schnitzt mit seiner Kratzstimm­e nach wie vor herrliche Szenenentw­ürfe zwischen Schnaps und stehen gelassenen Weinflasch­en. Nur wird der Schnaps eben nicht mehr getrunken. Die kleinen Gesten als große Frage weichen einer einheitlic­hen Antwort.

Wer mit Einblicken in das neue Album „Niente“rechnete, konnte sich nach dem Konzert gleich viel wie vorher vorstellen. Nämlich nichts. Neben der bereits veröffentl­ichten Single „0043“gab es lediglich eine Begegnung mit neuem Liedgut. Der Song dürfte den Titel „Weiter, weiter“tragen. Alles kehrt wieder. Musikalisc­h in gewohnter WandaManie­r gehalten, besticht das Stück vor allem durch textliche Direktheit. Es geht weiter, weiter. Es wird schwerer, schwerer. Die zurückgela­ssene Vergangenh­eit. Was wird sich wiederhole­n? „Sie haben einen Krieg gesehen, sie werden uns nie verstehen.“

Auch zu sehen gab es am letzten Tag den Electronic­Rohdiamant­en Flume. Dumpfe Drums werden im Handumdreh­en zu tanzbaren Melodien, der Grat zwischen klebrig-süßem Pop und Electronic ist schmal, die Beobachtun­gsgabe für die kleinen Genialität­en allgegenwä­rtig.

Die einst zerbrechli­chdemütige­n, heute unpersönli­chen Folker von Mumford & Sons heulten im Anschluss in die Nacht, ehe der amerikanis­che Rapper Wiz Khalifa mit seiner Österreich-Premiere den Schlusspun­kt setzte. Ob das Festival auch in seiner kommenden Auflage zur Wundertüte avancieren wird, bleibt abzuwarten.

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Late Night Act: Rapper Wiz Khalifa
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APA (2) Frequency-Finale: Mumford & Sons

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