Der „dicke Vetter“von Jedermann
Johannes Flaschberger (65), Schauspieler aus dem Gailtal mit 20-jähriger LondonErfahrung, ist heuer das fünfte Mal in Salzburg dabei.
Mit dem Moretti zu spielen, ist schon was Großartiges!“, freut sich Hannes Flaschberger über die heurige Herausforderung. Seit 2013 spielt er den „Dicken Vetter“des Jedermann am Salzburger Domplatz, vier Mal war Cornelius Obonya der Titelheld im Spiel vom reichen Mann, „heuer ist alles anders“.
Der Schauspieler sitzt vor dem elterlichen Hof hoch über dem Gailtal, auf dem Tisch liegen Bücher und Skripten: Musils „Mann ohne Eigenschaften“etwa, aus dem er mit Kollegen kürzlich bei den Festspielen gelesen hat, aber auch Shakespeares „King Lear“oder Liebeslyrik. Der heimatliche Zwischenstopp ist nur kurz, geht es doch am nächsten Tag gleich wieder nach Salzburg.
Doch das Wanderleben gehört sowieso zu Flaschbergers Natur, auch wenn er sich nach wie vor in Kärnten zu Hause fühlt. Zum Festspiel-Engagement kam er über Umwege. Denn der Brite Julian Crouch, der ab 2013 mit seinem US-Kollegen Brian Mertes für die Regie des Klassikers am Domplatz verantwortlich war, brachte den Kärntner quasi aus London mit. Dorthin hatte es Flaschberger schon 1993 verschlagen, dort hatte er mit seiner Partnerin, der britischen Schauspielerin und Cellistin Tamzin Griffin, gelebt und gearbeitet. Begonnen hatte alles mit einem Engagement des 40-Jährigen beim „Theatre de Complicite“des Regisseurs Simon McBurney.
„Die drei Leben der Lucy Cabrol“von John Berger spielt in einem gottverlassenen Gebirgsdorf – ein Ambiente, das dem Briten völlig fremd war. „Also bin ich mit ihm vom Lesachtal bis nach Slowenien durch die alpine Gegend gefahren, habe ihm unser Leben hier gezeigt.“Mit dem Stück tourte die Compagnie 480 Mal rund um die Welt – Peter Brooks Theater in Paris kennt der Kärntner bald ebenso wie das Theaterfestival von Avignon. Auch bei der Royal Shakespeare Company und in diversen Film- und TV-Rollen war der umtriebige Bühnenmann engagiert. Flaschberger, Vater von Caspar (29) und Maximilian (21), zog es aber schon als jungen Mann in die Ferne. Spielen wollte er, „die Menschen zum Lachen bringen“.
Nach der Schulzeit in Graz und Hermagor (Engelbert Obernosterer war sein Zeichenlehrer!) wollte er, obwohl an künstlerischer Fotografie interessiert, zuerst Medizin studieren. Ausschlaggebend dafür war eine
Erkrankung im Schüleralter, die zu einer monatelangen Lähmung geführt hatte, woraufhin er erst mühsam wieder motorische Fähigkeiten erlernen musste. Nach fünf Jahren Studium in Wien ging der 26-Jährige für zwei Jahre nach Paris, um bei Marcel Marceau Pantomime zu erlernen, danach folgte ein Aufenthalt in Barcelona. Zurück in Wien, „stand ich mit 31 erstmals richtig auf der Bühne“, erinnert sich Flaschberger, der zwar immer von seinen (heute 97 und 96 Jahre alten) Eltern bestärkt wurde, sich aber zwischendurch mit diversen Jobs über Wasser halten musste.
Er, der selten einen konventionellen Weg wählte, folgte schließlich einem südamerikanischen Heiler, den er in Wien kennengelernt hatte, nach Peru. Von nun an war er regelmäßig bei schamanistischen Ritualen mit Musik und Tanz dabei: „Das schönste Theater, das ich je gesehen habe!“Zwei Jahre lebte er mit seiner damaligen Wiener Freundin und dem in Peru geborenen Sohn Caspar dort: „Nach vielen Monaten Reis und gebratenem Fisch hatte ich Heimweh nach einem Butterbrot mit Schnittlauch!“Oder nach einem der „Fresspakete“der Mutter, die sie ihm während der Internatszeit stets mit einer beigelegten Postkarte von Chagall, Miro etc. geschickt hatte.
Mit Simon McBurney, mit dem er nach England ging, arbeitet Flaschberger heute immer noch zusammen, zuletzt an der Schaubühne Berlin mit Stefan Zweigs „Ungeduld des Herzens“. Diese Produktion steht bald für zwei Wochen in Paris auf dem Programm. Doch davor wartet noch der Jedermann – am 28. August mit der letzten Vorstellung für heuer.