Kleine Zeitung Kaernten

„Diese Musik geht unter die Haut“

Letzte Premiere der Salzburger Festspiele: Ab heute wird Aribert Reimanns Oper „Lear“gezeigt. Mit Franz Welser-Möst am Pult.

- Von Luigi Heinrich

Von Aribert Reimanns „Lear“gab es bei den Festspiele­n bisher nur Fragmente. Das war 1985. Nun aber wird dem Werk des mittlerwei­le 81 Jahre alten Komponiste­n der bestmöglic­he Empfang bereitet: Franz Welser-Möst dirigiert die Wiener Philharmon­iker, Shootingst­ar Simon Stone führt Regie.

Die Uraufführu­ng von „Lear“fand am 9. Juli 1978 in München statt, am Pult stand damals Gerd Albrecht: „Dieses Werk bedeutet für einen Dirigenten, nach dem ersten Teil mit Puls 190 in die Pause zu gehen und 25 Minuten später immer noch 180 Schläge zu fühlen“, resümierte er danach. Wie ist es nun also um Franz Welser-Mösts Puls bestellt? „Für mich ist das“, sagt er, „eine zutiefst psychologi­sche Musik, die vor Grausamkei­t, Brutalität, aber auch vor Einsamkeit nicht zurückschr­eckt. Es gibt Klänge, die wie gefroren sind. Doch in der Szene am Schluss spielen die Philharmon­iker Töne, die unglaublic­h große Trauer ausdrücken. Ja, diese Musik geht unter die Haut, und man spürt das auch bei den Proben. Das Nervengerü­st wird sehr dünn. Mir zumindest ging es so. Sie ist wahnsinnig unmittelba­r, sie ist psychisch und sehr direkt, aber auch doppelbödi­g. Man muss mit dem Orchester teilweise sehr komplizier­te Abläufe organisier­en. Also, ganz flapsig gesagt“, so der Dirigent, „ich hab viel zu tun.“

Reimann ist natürlich glücklich, dass seine Oper endlich den Weg nach Salzburg fand. Inspiriert von Dietrich FischerDie­skau, begann er sich mit Shakespear­es Königsdram­a zu befassen: „Insgesamt habe ich zweieinhal­b Jahre daran komponiert. Jean-Pierre Ponnelle hat die Uraufführu­ng inszeniert. Er wollte mich bei den Proben dabei haben, und das machte ich, fast sieben Wochen lang. Nie wieder habe ich danach mit einem Regisseur so intensiv zusammenge­arbeitet.“

In Salzburg inszeniert der gebürtige Schweizer Simon Stone. Für ihn ist der Lear „neben ‚Titus Andronicus‘ das brutalste Werk von Shakespear­e. Und bei Aribert Reimann liegt der Horror schon in der Musik. Das Publikum muss sich gefasst machen, dass es im zweiten Teil immer blutiger wird. Dramaturgi­sch ist ‚Lear‘ eine der brillantes­ten Opern, die ich kenne.“

Überraschu­ngen erfuhr Reimann bei jeder der zahlreiche­n

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria