Dunkel der Himmel, hell die Begeisterung
Totale Sonnenfinsternis taucht 14 US-Bundesstaaten in Schatten. Netz feiert erstes Spektakel dieser Art in der Ära von Social Media.
Bereits die schieren Fakten fernab aller Emotion und Begeisterung für das Himmelspektakel sind beeindruckend: Heute (ab 10.15 Uhr Ortszeit) streicht eine totale Sonnenfinsternis („Sofi“) über 14 US-Bundesstaaten, von Oregon an der Westküste bis North und South Carolina im Osten. Dazwischen und innerhalb des 113 Kilometer breiten, kegelförmigen Mondschattens werden Idaho, Wyoming, Nebraska, Kansas, Missouri, Illinois, Kentucky, Tennessee und Georgia in Schatten getaucht. Montana und Iowa liegen nicht in der „Totalitätszone“, in der der Neumond die Sonne vollständig bedeckt – sie werden aber zumindest gestreift. Zwölf Millionen Menschen leben schätzungsweise am „Path of Totali- ty“zwischen Pazifik und Atlantik. Maximal 160 Sekunden hält der Zauber an. Der Kernschatten der „Total Eclipse“streicht in etwa 27 Minuten über eine Entfernung von 3900 Kilometer. Dabei hat er es mit 2129 bis 3600 km/h sehr eilig.
Während sich die Sonne mitten am Tage eindunkelt, wird die Nasa Jets aufsteigen lassen: Diese haben im Rahmen ihrer Flugroute sieben Minuten lang Zeit, die Sofi des Jahrhunderts zu verfolgen. Mit 30 Bildern pro Sekunde werden Spezialkameras Aufnahmen von der Sonnenkorona machen – ein Phänomen, das sich dann besonders gut beobachten lässt. Ebenfalls im Einsatz: elf Satelliten, über 50 Wetterballons, ein Meer privater Teleskope.
Bereits im Vorfeld war die Aufregung, die sich über die Vereinigten Staaten legte, astronomisch: Diese Sofi vom 21. August 2017 unterscheidet sich von vergangenen nämlich in einem Punkt ganz wesentlich: Sie findet in einer Ära statt, in der Social Media wie ein Lauffeuer Postings mit Bildern und Videos um die Welt tragen. Unter #eclipse2017 stimmt sich das Netz seit Monaten mit mehr oder weniger relevanten Meldungen ein. Es wurde und wird eifrig geteilt, gepostet, vorab ein Freudentanz aufgeführt. An ein vergleichbares Spektakel am Firmament dürften sich in den USA nicht einmal mehr die Ältesten erinnern können: Man muss dafür schon bis in das Jahr 1918 zurückgehen. 2017 läuft es anders: Unter dem Slogan „Great American Eclipse“oder „Eclipse it!“wurden unzählige Souvenirartikel vertrieben. Schutzbrillen gingen weg wie warme Semmeln, es gab Sonderbriefmarken, T-Shirts und Kappen – und vor allem: die enorme Bereitschaft, der Sofi nachzufahren.
Im Nordwesten sind die Chancen auf einen klaren Himmel am höchsten, deshalb zieht es unzählige FinsternisTouristen aus anderen Bundesstaaten dorthin. Campingplätze oder Zimmer sind längst weg, „Eclipse Camps“verlangen absurde Preise für Paketangebote. Auch am anderen Ende des Landes, in South Carolina, rechnet man mit einer Million Sofi-Touristen und verstopften Highways. Hier heißt es dann nach maximal zwei Minuten und 44 Sekunden vom Phänomen Abschied nehmen. Die nächste totale Sofi in Mitteleuropa zum Vormerken? 3. September 2081.