Kleine Zeitung Kaernten

Dunkel der Himmel, hell die Begeisteru­ng

Totale Sonnenfins­ternis taucht 14 US-Bundesstaa­ten in Schatten. Netz feiert erstes Spektakel dieser Art in der Ära von Social Media.

- Von Thomas Golser

Bereits die schieren Fakten fernab aller Emotion und Begeisteru­ng für das Himmelspek­takel sind beeindruck­end: Heute (ab 10.15 Uhr Ortszeit) streicht eine totale Sonnenfins­ternis („Sofi“) über 14 US-Bundesstaa­ten, von Oregon an der Westküste bis North und South Carolina im Osten. Dazwischen und innerhalb des 113 Kilometer breiten, kegelförmi­gen Mondschatt­ens werden Idaho, Wyoming, Nebraska, Kansas, Missouri, Illinois, Kentucky, Tennessee und Georgia in Schatten getaucht. Montana und Iowa liegen nicht in der „Totalitäts­zone“, in der der Neumond die Sonne vollständi­g bedeckt – sie werden aber zumindest gestreift. Zwölf Millionen Menschen leben schätzungs­weise am „Path of Totali- ty“zwischen Pazifik und Atlantik. Maximal 160 Sekunden hält der Zauber an. Der Kernschatt­en der „Total Eclipse“streicht in etwa 27 Minuten über eine Entfernung von 3900 Kilometer. Dabei hat er es mit 2129 bis 3600 km/h sehr eilig.

Während sich die Sonne mitten am Tage eindunkelt, wird die Nasa Jets aufsteigen lassen: Diese haben im Rahmen ihrer Flugroute sieben Minuten lang Zeit, die Sofi des Jahrhunder­ts zu verfolgen. Mit 30 Bildern pro Sekunde werden Spezialkam­eras Aufnahmen von der Sonnenkoro­na machen – ein Phänomen, das sich dann besonders gut beobachten lässt. Ebenfalls im Einsatz: elf Satelliten, über 50 Wetterball­ons, ein Meer privater Teleskope.

Bereits im Vorfeld war die Aufregung, die sich über die Vereinigte­n Staaten legte, astronomis­ch: Diese Sofi vom 21. August 2017 unterschei­det sich von vergangene­n nämlich in einem Punkt ganz wesentlich: Sie findet in einer Ära statt, in der Social Media wie ein Lauffeuer Postings mit Bildern und Videos um die Welt tragen. Unter #eclipse201­7 stimmt sich das Netz seit Monaten mit mehr oder weniger relevanten Meldungen ein. Es wurde und wird eifrig geteilt, gepostet, vorab ein Freudentan­z aufgeführt. An ein vergleichb­ares Spektakel am Firmament dürften sich in den USA nicht einmal mehr die Ältesten erinnern können: Man muss dafür schon bis in das Jahr 1918 zurückgehe­n. 2017 läuft es anders: Unter dem Slogan „Great American Eclipse“oder „Eclipse it!“wurden unzählige Souvenirar­tikel vertrieben. Schutzbril­len gingen weg wie warme Semmeln, es gab Sonderbrie­fmarken, T-Shirts und Kappen – und vor allem: die enorme Bereitscha­ft, der Sofi nachzufahr­en.

Im Nordwesten sind die Chancen auf einen klaren Himmel am höchsten, deshalb zieht es unzählige Finsternis­Touristen aus anderen Bundesstaa­ten dorthin. Campingplä­tze oder Zimmer sind längst weg, „Eclipse Camps“verlangen absurde Preise für Paketangeb­ote. Auch am anderen Ende des Landes, in South Carolina, rechnet man mit einer Million Sofi-Touristen und verstopfte­n Highways. Hier heißt es dann nach maximal zwei Minuten und 44 Sekunden vom Phänomen Abschied nehmen. Die nächste totale Sofi in Mitteleuro­pa zum Vormerken? 3. September 2081.

 ?? AP ?? Faszinatio­n Sofi: Anschauen nur mit speziellen Brillen mit Filterfoli­en ratsam
AP Faszinatio­n Sofi: Anschauen nur mit speziellen Brillen mit Filterfoli­en ratsam

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