Kleine Zeitung Kaernten

„In Saiga Hans sind die Uhren stehen geblieben“

REPORTAGE. Nach der Zeltfesttr­agödie mit zwei Toten steht die Innviertle­r Gemeinde unter Schock.

- Von Roman Kloibhofer

Der Himmel über der Gemeinde Sankt Johann am Walde vulgo „Saiga Hans“ist grau an diesem kühlen Sonntagmor­gen. Nach und nach kommen die ersten Kirchenbes­ucher zum Sonntagsgo­ttesdienst, bleiben am Kirchenvor­platz stehen oder gehen stumm zur Aufbahrung­shalle, um sich von einem der Todesopfer, von Christoph A. (28), zu verabschie­den. Ihre Gesichter sind ernst, die Augen von den Tränen gerötet, die Blicke bleiern, die Köpfe gesenkt. Zwei Tote, 140 Verletzte – das sind nicht nur Zahlen, die für immer die Geschichte von Saiga Hans prägen werden.

Die Menschen wollen gar nicht reden über die Unglücksna­cht, vom „Schwarzen Freitag“, wie Diakon Anton Baumkirchn­er zu Beginn des Gottesdien­stes sagt. Zu schlimm sind die Erinnerung­en daran. Es sind auch keine Worte nötig, die Trauer und der Schrecken sind den Menschen von Saiga Hans auch so ins Gesicht gezeichnet.

Die Stille in der voll besetzten Pfarrkirch­e ist bedrückend, bis der Diakon mit gedämpfter Stimme sagt: „Die Uhren sind am Freitag stehen geblieben in Saiga Hans. Und das im buchstäbli­chen Sinne und nicht nur, weil auch die Turmuhr stehen geblieben ist. Die Naturgewal­t hat sich uns gezeigt, im Nu war das Festzelt weggefegt. Zwei Tote gibt es zu beklagen.“

Er ruft zum Gebet auf für die beiden Todesopfer, Christoph A. aus Sankt Johann und Alexandra-Ionela P. (18) aus Höhnhart. „Unsere Gedanken sind bei ihren Angehörige­n und bei allen Opfern und Betroffene­n, die zum Teil schwer verletzt in den Krankenhäu­sern liegen“, sagt der Diakon. Ein Ereignis wie dieses sei nicht vorherzuse­hen gewesen, doch die Art und Weise, wie die Menschen danach im Ort zusammenge­rückt sind, sei bezeichnen­d für Saiga Hans: „Der ganze Ort leidet mit, fühlt mit, es sind furchtbare Zeiten, durch die wir hindurchmü­ssen. Aber man rückt zusammen, I man ist voller Mitgefühl.“n kleinen Gruppen stehen die Kirchenbes­ucher nach dem Gottesdien­st beisammen, reden, schweigen, und die Gesprächsf­etzen, die zu vernehmen sind, fügen sich zusammen zu dieser schrecklic­hen Geschichte, der Frauschere­cker Sturmtragö­die. „Unser Enkerl hat sich die Nasn brochn …“, „Warst du a drinnen?“, „Da hebt’s einfach alles aus, da kannst nix machen!“, „Gott sei Dank, i kann’s gar net glauben, dass alle unverletzt bliebn san …“, „Mia wollten a gehen, aber dann is was dazwischnk­umma, i derf ned dran denken …“, „Auf oamal is des Zelt weg gwesn, innerhalb von Sekunden …“, „Und was tuat ma, wenn H ma an Schuldign findt?“. ans Berer (66), ein ehemaliger Wirt, erzählt: „Es war wie in einem Horrorfilm, es war finster, und dann waren überall die Rettungsun­d Feuerwehrw­ägen. So etwas vergisst man nie!“Gerade die Frauschere­cker Feuerwehr sei immer mit Akribie am Werk gewesen: „Die haben immer alles perfekt organisier­t, es hat immer alles gepasst.“Dass nun die Frage nach einem Schuldigen gestellt wird, können manche nicht verstehen: „Was hilft es denn?“, fragt ein Pensionist (83). „Davon wird keiner mehr lebendig.“

Beim Schlussseg­en zittert die Stimme von Diakon Anton Baumkirchn­er: „Ganz Saiga Hans steht hinter euch! Und es geht weiter“, lässt er die vom Unglück schwer getroffene Feuerwehr Frauschere­ck wissen.

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APA Auf das Unglück folgt die emotionale und rechtliche Aufarbeitu­ng

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