„Ich halte es für ungerecht, wenn ...“
Parteiobmänner überbieten sich in Feststellungen, was ungerecht sei. Fouls an Familien wären noch zu entdecken.
Ist Haltung eine politische Währung, die sich rechnet? Sie würde sich jedenfalls nicht rechnen, wenn ein Parteiobmann überzeugt wäre, eine Pensionserhöhung sei nicht leistbar, und dies sagte. Er würde zwar seiner Überzeugung treu bleiben, aber die Wahl verlieren.
Kann aber andererseits einem Politiker vorgeworfen werden, Wünsche von Wählern erfüllen zu wollen? Oder auszusprechen, was Wähler denken? Was ja lange Zeit ein Erfolgsrezept der FPÖ gewesen ist und nun von Sebastian Kurz übernom- men wird. Er halte es für ungerecht, sagt er gerne, „wenn eine Flüchtlingsfamilie 2000 Euro erhält, obwohl sie nie ins System eingezahlt hat, und ein Pensionist, der immer arbeitete, mit 1000 Euro auskommen muss.“
Da werden ihm nicht nur viele der 1,7 Millionen Pensionis- ten mit einer Rente von weniger als 1500 Euro zustimmen, sondern auch Eltern und Alleinerziehende. Aber diese wurden im laufenden Fairness- und Gerechtigkeitswettstreit noch nicht entdeckt. Können sie natürlich noch. Beispielsweise könnte es dann heißen: „Ich halte es für ungerecht, dass bei den Unterhaltszuschüssen für Alleinerziehende mit angepassten Regelbedarfssätzen gerechnet wird, die als Basis eine Erhebung aus dem Jahr 1964 haben.“Der Nachsatz könnte lauten: „Und ich halte es für skandalös, dass ich diesen Punkt unseres gemeinsamen Regierungsprogrammes – eine neue Erhebung der Kosten von Kindern – bis heute nicht umgesetzt habe.“
A ber solche Selbstanklagen können ja noch kommen. Oder die Erhebung könnte noch umgesetzt werden. Und wenn nicht? Setzen Kern und Kurz dann ganz einfach nur auf Zuwanderung? Nein, natürlich nicht. Was für eine polemische Frage.
Andererseits: Wie sind solche Fouls an Familien zu erklären? Nur mit Ignoranz?