Ein Pionier der Selbsthilfe
Horst Schuller gründete vor 40 Jahren die Selbsthilfegruppe für Nierenpatienten als eine der ersten im Land.
Wahrscheinlich war es der Penicillinmangel in der Nachkriegszeit, der dem in der letzten Kriegswoche geborenen Horst Schuller, der heute mit der zweiten Spenderniere lebt, als Kind zum Verhängnis wurde. Vom Bruder mit Scharlach angesteckt, erlitt der kleine Horsti, der gerne am Klagenfurter Kreuzbergl spielte, eine Nierenentzündung, die nicht gut behandelt wurde.
D ass die Niere nicht ordnungsgemäß funktionierte, erkannte man erst, als der 15-Jährige, der damals schon den Wald liebte, im Rahmen der Segelfliegerausbildung eine ärztliche Untersuchung hatte. Der junge Kaufmann, der im Brennholzgeschäft seines Vaters die Lehre absolvierte und sonntags „höchst glücklich“mit der Familie zu den Bauern fuhr, um Holz einzukaufen, musste sich 1974 der ersten Blutwäsche im LKH Klagenfurt unterziehen. „Das war damals ein abgeschlossener Bereich“, erinnert sich der ehemalige Stadttheater-Chorsänger an die Dialyse-Station, wo unter jedem Gerät ein riesiger Wasserkessel mit 200 Litern Dialysewasser stand.
Eine Dialyse dauert heute drei bis vier Stunden, damals waren es neun. „Wir lagen bis vier Uhr früh wach, weil die Schwestern laut Radio spielten. Wir hatten keine eigenen Parkplätze. Die Ärzte haben sich uns nicht vorgestellt“, zählt Schuller, der in der Sparkasse arbeitete, einige Erschwernisse auf, die ihn zur Gründung einer Selbsthilfegruppe (SHG) bewogen, um Verbesserungen zu erwirken. Damals hatten nur Diabetiker und Alkoholiker eine SHG. „Anfangs fanden wir weder Gehör noch Verständ- nis. Wir mussten Sträuße mit den Ärzten ausfechten“, erzählt der Naturliebhaber, dessen Verständnis von Jagd die Pirsch ist, bei der man zu Fuß unterwegs ist und „schaut“. In den 1970er-Jahren hatten viele Nierenpatienten keinen lebenswichtigen Telefonanschluss. Als SHG konnte man Druck auf die Post ausüben. „Wir mussten bekannt werden. Das ist wichtig, um ernst genommen zu werden.“
1984 erhielt der Anhänger der nachhaltigen Forstwirtschaft die erste Spenderniere. Nach 15 „sehr schönen“Jahren kam es zur Abstoßung und 2007 zur zweiten Transplantation. Horst Schuller, der als Hobby „meine Frau“angibt, ist heute sehr dankbar. „Ich streichle jeden Tag meine Niere.“Zur jetzigen SHG „Niere Kärnten“unter Obmann Gernot Waste, laut Schuller „ein großartiger Segen von oben“, hält er regen Kontakt. „In einer ehrlichen Gemeinschaft mit gegenseitigem Verständnis kann man vieles im Leben einfacher bewältigen.“