Routiniert abgespultes Geschichtspanorama
Durchwachsene Saisoneröffnung mit der Uraufführung von Ernst Lothars im Exil entstandenem Roman „Der Engel mit der Posaune“.
Für das gerade begonnene Bühnenjahr 2017/18 im Wiener Theater in der Josefstadt und der Nebenspielstätte Kammerspiele hat sich Direktor Herbert Föttinger eine gut durchmischte Produktionsmixtur ausgedacht. Neben der Uraufführung von Peter Turrinis „Fremdenzimmer“(Premiere: 25. Jänner) und Thomas Vinterbergs „Suff “(1. Februar) gibt es Neuinszenierungen von zeitgenössischen Stücken wie Ferdinand von Schirachs „Terror“(Regie: Julian R. Pölsler, Premiere: 23. 11.), Yasmina Rezas „Der Gott des Gemetzels“, Felix Mitterers „In der Löwengrube“– großes Kino. Bühnenfassungen der Kinofilme „Shakespeare in Love“, Alfred Hitchcocks „Die 39 Stufen“und Joseph L. Mankiewicz’ Hollywood-Klassikers „All About Eve“stehen auf dem Programm neben Klassikern wie Georges Feydeaus „Wie man Hasen jagt“, Arthur Schnitzlers „Professor Bernhardi“und Friedrich Schillers „Maria Stuart“. Dazu kommen noch Romandramatisierungen von Flauberts „Madame Bovary“und Ernst Lothars „Der Engel mit der Posaune“in der Bühnenfassung von Susanne F. Wolf, mit der am Samstag die neue Saison im Haupthaus eröffnet wurde.
Ernst Lothar (1890–1974), Mitgründer der Salzburger Festspiele und bis zu seiner Vertreibung im März 1938 Direktor im Theater in der Josefstadt, entwarf in seinem im USamerikanischen Exil veröffentlichten Roman, den der Zsolnay-Verlag im Vorjahr neu auflegte, ein österreichisches Geschichtspanorama zwischen 1888 und 1938. Im Mittelpunkt des Geschehens steht die fiktive Klavierbauerfamilie Alt, in die Henriette (Maria Köstlinger), die sich geweigert hatte, die Geliebte von Kronprinz Rudolf (Xaver Hutter) zu werden, eingeheiratet hat. 1948 verfilmte Karl Hartl diese mehr Kolportage als literarische Qualität bergende Ge- schichte mit Paula Wessely, Attila Hörbiger, Oskar Werner.
Regisseur Janusz Kica setzt auf filmschnittartige Abläufe, doch bleibt seine Inszenierung uninspiriert. Zudem gibt es viel Klavierverkehr auf der von Karin Fritz eingerichteten Bühne. Marianne Nentwich als Tante Sophie und Andre Pohl als konservativer Jurist bleiben prägend und in ihrer Darstellung konsequent wie auch Michael Schönborn als Kabinettsdirektor und Lehrer. Maria Köstlinger gewinnt als älter werdende Henriette an darstellerischer Statur. Michael Dangl verkörpert recht glaubwürdig den brav-faden neuen Patriarchen, der die Welt rund um ihn immer schwerer versteht. Alexander Absenger, Alma Hasun und Matthias Franz Stein zeigen brav auf, mitunter fehlt die Bühnenspannung. Reinhold Reiterer Der Engel mit der Posaune. Theater in der Josefstadt, 7., 8., 16., 17., 27., 29. September, Karten: 01/ 42700-300 www.josefstadt.org