Einst verfemt, nun verehrt: Cornelius Kolig wird 75.
Cornelius Kolig ist nichts Menschliches fremd. Morgen ist der Ausnahmekünstler, dessen Gailtaler „Paradies“schon bald unter Denkmalschutz steht, 75 Jahre jung.
Derzeit ist es Cornelius Kolig ziemlich schwer ums Herz. Erst vor zwei Wochen starb nach langer, zermürbender Krankheit seine „kleine“Schwester Cordula Frieser, einst steirische Abgeordnete im Nationalrat und ÖVP-Kultursprecherin. Doch Selbstbejubelung liegt ihm ohnehin nicht. „Meine Frau und ich feiern unseren Geburtstag seit Jahrzehnten nicht mehr“, sagt der stille Gailtaler, der wie kein anderer Künstler seiner Generation, Nitsch und Mühl ausgenommen, die Gemüter erregte.
1998 hatte er vom Land Kärnten
den Auftrag erhalten, den KoligSaal im Klagenfurter Landhaus zu revitalisieren. 60 Jahre zuvor hatten dort die Nazis einen Gemäldezyklus seines Großvaters Anton Kolig von den Wänden geschlagen. Der Enkel nahm Fotografien der „entarteten“Fresken als Vorlage und schuf daraus ein neues Gesamtkunstwerk. Schon während der Planung kam es zu Anfeindungen durch „Krone“und FPÖ, die in so mancher Absurdität gipfelten. So musste Kolig eine „Flieger“-Figur schwarz einfärben, weil Haider & Co. die ursprünglich braune Farbe missfielen. Acht Jahre später erhielt er vom selben Landeshauptmann, der ihn zuvor als „Fäkalkünstler“verunglimpft hatte, Dank und Anerkennung in Form des Landeskulturpreises. Heute gilt der runderneuerte Kolig-Saal als einer der aufregendsten Kunstorte in Österreich. Ebenso wie Kotät ligs „Paradies“in Vorderberg, das noch im Herbst unter Denkmalschutz gestellt werden soll.
Auf einem Areal von rund 6000
Quadratmetern spürt der MaxWeiler-Schüler hier seit bald 40 Jahren mit allerlei Apparaturen, Bauwerken, Skulpturen und Gemälden den Rahmen- und Randbedingungen der menschlichen Existenz nach. Von Thomas von Aquin lieh er sich dafür das Motto: „Zwischen Kot und Urin werden wir geboren“. Kolig fügte „und sterben wir“hinzu. Der Spruch prangt heute auf Latein am Eingang zum „Paradies“und erinnert an die Niedrigkeiten des Menschenlebens, aber auch an dessen Grundvoraussetzungen: Liebe, Sexuali- und Stoffwechsel. In Koligs Werk wimmelt es dementsprechend nur so vor Geschlechtsteilen, Sex- und Todesmaschinen. Aber auch Tier- und Bergporträts gehören zum künstlerischen Repertoire des Katzenliebhabers, der als 16-Jähriger im großväterlichen Gasthaus sein erstes Landschaftsbild verkaufte. Ein gewisser Georg Essl, Vater des späteren Kunstsammlers, zahlte 200 Schilling dafür – der Beginn einer beispiellosen Karriere.
Morgen ist Cornelius Kolig 75 Jahre alt. Seine Gattin Doris, eine Ärztin, wird ihm vermutlich einen Kuchen backen. Aber den gibt es für den dankbaren Jubilar ohnehin fast jeden Tag.