Der Falke und die Friedenstaube
Kolumbiens Präsident wandelte sich vom Hardliner zum Friedensstifter.
Es war ein aus einer Patronenhülse gearbeiteter Stift, den Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos bei seinem Besuch im Vorjahr im Vatikan Papst Franziskus übergab. Eingraviert war der Satz: „Kugeln waren unsere Vergangenheit, der Friede ist unsere Zukunft.“Zum heute beginnenden Besuch von Papst Franziskus in Kolumbien haben sich die Regierung und die linke Guerillaorganisation ELN auf einen vorübergehenden Waffenstillstand geeinigt. Denn auch nach der Befriedung mit den Farc-Rebellen, wofür Santos 2016 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, gibt es keine Ruhe im Land. Aus heutiger Sicht, monieren Kenner des Landes, war der Friedensnobelpreis für den 66-Jährigen ein Vorschuss aus Risikokapital, das Land sei noch immer tief gespalten.
„Aus dem Falken wurde eine Friedenstaube“, schrieb die BBC und spielte darauf an, dass Santos als Verteidigungsminister unter Präsident Álvaro Uribe ein Hardliner war. 2008 ließ er ein Farc-Camp in Ecuador bombardieren – ohne Ecuador zu informieren, was zur diplomatischen Krise in der gesamten Region führte. In seine Zeit als Verteidigungsminister fällt auch der „Falsos Positivos“-Skandal: Armeeangehörige ermordeten Unschuldige und zogen ihnen Farc-Jacken an, weil auf die Guerillakämpfer Kopfgeld ausgesetzt war. Doch es war auch Santos, der 2008 die frühere kolumbianische Präsidentschaftskandidatin Íngrid Betancourt nach 2321 Tagen als Farc-Geisel befreite. Der dreifache Vater und Ökonom mit Diplomen von Elite-Unis, der aus einer einflussreichen Familie stammt, hat noch etliche Probleme im Land zu lösen, zumal die Paramilitärs wieder Zulauf bekommen.