Wie Google & Co. mit ihren Nutzern experimentieren
Online-Riesen testen an Usern Tausende Versionen gleichzeitig. Bundeswirtschaftskammer schließt Partnerschaft nach MIT auch mit Stanford ab.
An der berühmten Baker Library ist es noch ruhig, aber sonst wuselt es auf dem Campus der Harvard University. „Die City von Boston hat 500.000 Einwohner, aber 200.000 Studenten in rund 50 Universitäten und Hochschulen, da ist schon was los, wenn jetzt zu Studienbeginn wieder 40 Prozent der Bevölkerung einziehen“, sagt Stefan Thomke. In Graz ist er an zwei Start-ups – Panthronics und Reactive Reality – beteiligt, an der Harvard Business School ist der am MIT in Elektrotechnik promovierte Professor eine Koryphäe bei Innovation.
Sein Spezialgebiet ist momentan „die Rolle des Online-Experimentierens in der Innovation. „Wenn wir auf der Plattform booking.com eine Reise buchen, so macht das jeder mit einer etwas anderen Version. Wenn booking, Google oder Amazon dabei nur ein Prozent Systemverbesserung erzielen, macht das bei den Milliarden Zugriffen unglaublich viel aus“, erzählt Thomke. Es sei eine Art von digitalem „Design Thinking“. „Das Spannende ist, dass keiner weiß, was bei diesen Experimenten herauskommt.“Weil das auch an Wertegrenzen stoßen kann, sei Ethik bei Innovationen ein wachsendes Thema, „zum Beispiel, wenn Facebook, statt nur zu experimentieren, die Nutzer beeinflussen will“, so Thomke. Bei Microsoft würden rund 100 Experten nur an der Infrastruktur für OnlineExperimente arbeiten. Der Nutzer profitiere durch bessere Consumer Experience (Kundenerfahrung), so Thomke.
An der Harvard Business School seien für Unternehmen MBA-Programme für jährlich fast 1000 Teilnehmer sowie Manager-Ausbildungen ein großes Thema. „Da sind es 10.000, die irgendwann bei uns über den Campus laufen. Stanford ist dabei unser großer Rivale.“Was den Unterschied zur Eliteuni im Silicon Valley ausmache? „Das Wetter in Kalifornien.“
Wirtschaftsgroßmacht Kalifornien – der US-Bundesstaat wäre für sich allein die Nummer sechs der Welt – exportierten 2016 österreichische Unternehmen – von AVL List und Pankl Aerospace bis Red Bull – Waren für 1,4 Milliarden Dollar. In den letzten sieben Jahren haben sich außerdem 100 österreichische Firmen im Rahmen des Programms „Go Silicon Valley“vor einer US-Jury für den Markt qualifiziert. „Go Silicon Valley“heißt es dieser Tage auch für die Delegation der Bundeswirtschaftskammer.
Präsident Christoph Leitl unterzeichnet zwei weitere Partnerschaftsabkommen, die Vizepräsident Jürgen Roth und die Außenwirtschaft mit der Stanford University sowie dem Technologieberater „Strategic Business Insight“in San Francisco vorbereitet haben.