Kleine Zeitung Kaernten

Staupilot, übernehmen Sie!

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Ein Stau kann unterhalts­am sein, wenn man den Staupilote­n im neuen Audi A8 autonom lenken lässt und selbst Videos schaut. Ein Erfahrungs­bericht – und warum Österreich hinterherf­ährt.

Ein Verkehrsst­au regt ihn schon lange nicht mehr auf. Und außerdem hat Michael Schreckenb­erg das Thema ja berühmt gemacht: Mit Kai Nagel formuliert­e er ein theoretisc­hes Modell zur Simulation des Straßenver­kehrs, mit dem er alle möglichen Stauvoraus­sagen erstellen kann.

Stau entsteht aus dem Nichts als Folge der Nicht-Einhaltung des Sicherheit­sabstandes, heißt es. Oder: Neben der allgemeine­n Straßenübe­rlastung sind „bis zu 20 Prozent auf menschlich­es Fehlverhal­ten zurückzufü­hren“. Man bleibe stehen, wo man nicht stehen bleiben sollte und müsste. Das „Nagel-Schreckenb­erg-Modell“beinhaltet Elemente der Chaosforsc­hung und der Spieltheor­ie.

Schon im alten Rom habe man gestaut, und „wir werden den Stau auch nicht mehr beseiti- gen“, so Schreckenb­erg. Man müsse deshalb intelligen­te Systeme erfinden und sich arrangiere­n. „Autofahren im Stau ist an sich tote Zeit. Sie regen sich über andere auf, die einen Stau verursache­n, dabei stehen Sie selbst mittendrin. Ablenkung sei deshalb das Thema der Stunde.“Und: „Männer könnten sich weniger mit einem Stau abfinden als Frauen – sie verarbeite­n das schlechter.“

Audi wagt mit dem neuen A8 einen großen Schritt Richtung Stau-Entertainm­ent, pardon Stauablenk­ung: Der Staupilot erlaubt es, das Auto auf der Autobahn bis 60 km/h der Regie des Bordcomput­ers zu überlassen. Über Laserscann­er, Ultraschal­lsensoren und Radarwächt­er lenkt dieser das Auto. Der Bildschirm im Cockpit verändert sich, alle Systeme sind

doppelt abgesicher­t, der Fahrer muss die Hände nicht mehr am Lenkrad haben. Er kann Videos schauen etc. Das ist neu, dafür läuft der internatio­nale Zulassungs­prozess, und es wäre damit der dritte von fünf Leveln des autonomen Fahrens erreicht.

Der erste Test im Stau verlief überzeugen­d: Knopferl drücken, und der Bordcomput­er übernimmt. Voraussetz­ung: Man fährt auf einer Autobahn und es gibt die Trennung der Fahrbahnen. Eine Fahrerbeob­achtungska­mera überprüft, ob der Fahrer einschläft (Kopf-/ Lidbewegun­gen). Wenn man nicht reagiert, erklingen Warntöne, der Gurtstraff­er zieht mehrmals scharf an, und wenn man untätig bleibt, wird das Auto abgebremst. Zehn Sekunden hat man Zeit zu reagieren, dann gibt das Auto einen Notruf ab und bleibt stehen.

Das System funktionie­rt derzeit nur auf Autobahnen. Die zuständige­n Algorithme­n – rechnerisc­he Lösungssch­emata, die vereinfach­t erklärt kritische Situatione­n für den Bordcomput­er mit einem vorgeschla­genen Fahrmanöve­r lösen – wären im Stadtverke­hr überforder­t. Der Stadtverke­hr mit all seinen Unabwägbar­keiten ist derzeit zu viel Chaos für Algorithme­n und Rechnerkap­azität.

Kuriose Detail am Rande: Österreich­s Politik feiert unser Land ja als Vorzeigere­gion für autonomes Fahren. Erlaubt ist es aber nur für gemeldete Firmen-Testfahrte­n. Privatnutz­er müssen laut Gesetz immer noch eine Hand am Lenkrad haben, selbst wenn das System internatio­nal zugelassen wäre. Auch hier soll nachgebess­ert werden.

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AUDI Drückt man den Schalter (rechts), übernimmt Audis Staupilot den A8
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