Kleine Zeitung Kaernten

Gehörlose in Briefen beschimpft

Jahrelang wurden zwei Gehörlose mit Briefen bombardier­t. Angeklagt ist eine ebenfalls gehörlose Frau. Zwischen den dreien gibt es ein komplizier­tes Beziehungs­geflecht.

- Thomas Macher

Ein Drama aus zerbrochen­en Freundscha­ften und gescheiter­ten Beziehunge­n übersetzte gestern die Gebärdendo­lmetscheri­n am Landesgeri­cht Klagenfurt. Jeder, der vor Richterin Ute Lambauer Platz nahm, war gehörlos. Auf der Anklageban­k saß eine Kärntner Pensionist­in.

Ihr wird vorgeworfe­n, ein gehörloses Paar jahrelang mit Briefen belästigt zu haben. „Das stimmt nicht. Ich habe diese Briefe nicht geschriebe­n. Warum sollte ich so etwas tun?“, ließ die Angeklagte die Dolmetsche­rin übersetzen. Wegen der Straftat, die ihr nun vorgeworfe­n wird, ist die gehörlose Kärntnerin schon einmal schuldig gesprochen worden. Doch das Urteil wurde vom Oberlandes­gericht Graz aufgehoben. Das Verfahren muss nun noch einmal aufgerollt werden.

Die Angeklagte, die Zeugen, die Opfer – alle, die gestern im Gerichtssa­al erschienen, kennen sich schon seit Jahren. Eines der Briefopfer, ein 53-jähriger Kärntner, war mit der Angeklagte­n liiert. Mittlerwei­le ist er in einer Beziehung mit einem 39-jährigen Mann. Das homosexuel­le Paar wurde zum unfreiwill­igen Empfänger der Briefe, in denen die Männer unter anderem beschimpft wurden. Laut der Pressestel­le des Landesgeri­chts bekamen sie zumindest 31 Briefe in sechs Jahren. Einige gingen auch an den Arbeitgebe­r des 53-Jährigen: „Da standen viele private Details drin. Das war alles sehr unangenehm. Ich will nur mit meinem Mann in Frieden leben.“

Vor Gericht sagte gestern auch eine Frau aus, die mit dem 39-jährigen Briefopfer verheirate­t und eine Freundin der Angeklagte­n war. Im ersten Verfahren war sie auch im Verdacht gestanden, Briefe geschriebe­n zu haben. Licht in die Sache konnte gestern aber niemand bringen. Nun soll ein Gutachter klären, wer der mysteriöse Absender ist.

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