Gehörlose in Briefen beschimpft
Jahrelang wurden zwei Gehörlose mit Briefen bombardiert. Angeklagt ist eine ebenfalls gehörlose Frau. Zwischen den dreien gibt es ein kompliziertes Beziehungsgeflecht.
Ein Drama aus zerbrochenen Freundschaften und gescheiterten Beziehungen übersetzte gestern die Gebärdendolmetscherin am Landesgericht Klagenfurt. Jeder, der vor Richterin Ute Lambauer Platz nahm, war gehörlos. Auf der Anklagebank saß eine Kärntner Pensionistin.
Ihr wird vorgeworfen, ein gehörloses Paar jahrelang mit Briefen belästigt zu haben. „Das stimmt nicht. Ich habe diese Briefe nicht geschrieben. Warum sollte ich so etwas tun?“, ließ die Angeklagte die Dolmetscherin übersetzen. Wegen der Straftat, die ihr nun vorgeworfen wird, ist die gehörlose Kärntnerin schon einmal schuldig gesprochen worden. Doch das Urteil wurde vom Oberlandesgericht Graz aufgehoben. Das Verfahren muss nun noch einmal aufgerollt werden.
Die Angeklagte, die Zeugen, die Opfer – alle, die gestern im Gerichtssaal erschienen, kennen sich schon seit Jahren. Eines der Briefopfer, ein 53-jähriger Kärntner, war mit der Angeklagten liiert. Mittlerweile ist er in einer Beziehung mit einem 39-jährigen Mann. Das homosexuelle Paar wurde zum unfreiwilligen Empfänger der Briefe, in denen die Männer unter anderem beschimpft wurden. Laut der Pressestelle des Landesgerichts bekamen sie zumindest 31 Briefe in sechs Jahren. Einige gingen auch an den Arbeitgeber des 53-Jährigen: „Da standen viele private Details drin. Das war alles sehr unangenehm. Ich will nur mit meinem Mann in Frieden leben.“
Vor Gericht sagte gestern auch eine Frau aus, die mit dem 39-jährigen Briefopfer verheiratet und eine Freundin der Angeklagten war. Im ersten Verfahren war sie auch im Verdacht gestanden, Briefe geschrieben zu haben. Licht in die Sache konnte gestern aber niemand bringen. Nun soll ein Gutachter klären, wer der mysteriöse Absender ist.