„Auch in 25 Jahren wird es noch viele, viele Schuhgeschäfte geben“
INTERVIEW. 173 Millionen Paar Schuhe lässt Deichmann im Jahr für seine Geschäfte produzieren. Heinrich Deichmann startete in Österreich den Wachstumsturbo für den Konzern.
Ö sterreich gilt als besonders gutes Pflaster für Deichmann.
Wir sind hier wirklich sehr erfolgreich. Österreich ist unser erstes Land, in dem wir organisch gewachsen sind. Wir haben keine andere Kette gekauft, sind von null weg mit eigenen Läden gestartet. Österreich war mein erstes größeres Projekt in der Firma. Um das habe ich mich sehr intensiv gekümmert. Dieses Modell war dann die Blaupause für die weitere Expansion in viele andere Länder. Jetzt ist es uns tatsächlich gelungen, Marktführer zu werden.
Sie sind selbst überrascht?
Das ist nichts, was wir anstreben, wir wollen der beste Schuhhändler für unsere Kunden sein. Wird das honoriert, freuen wir uns. Und irgendwann ist es eine zwangsläufige Folge, den Markt auch anzuführen.
Warum zwangsläufige Folge, wenn man im Billigsegment ist? Wir sind für viele so attraktiv, weil wir eben nicht nur billige Schuhe verkaufen, sondern weil wir uns Mühe mit unserer Qualität geben und namhafte Marken zu unseren Preisen anbieten. Weiten Teilen der Bevölkerung ist Geld eben nicht egal. cher von der Schwäche der Konkurrenz profitiert. Wir haben auch unser Konzept beständig weiterentwickelt, arbeiten mit internationalen Stars, um vor allem für Jugendliche attraktiv zu sein. Mit Onlineshops haben wir ganz früh angefangen, jetzt sorgen wir regelmäßig bei der immer engeren Verzahnung von Laden- und Onlinegeschäft für Verbesserungen.
Wie viel Geschäft macht Deichmann schon online? Das sagen wir nicht. Was wir aber sagen können, ist, dass es stark steigt. Wir haben dort die größten Wachstumsraten. Das Onlinewachstum hilft, das gesamte Wachstum der Firma weiter voranzubringen.
Profitables Wachstum?
Wir verdienen Geld mit unseren 29 Onlineshops. Wir glauben an unser Omni-ChannelKonzept (Verkauf über viele miteinander verbundene Verkaufskanäle, Anm.). Der Kunde unterscheidet in Zukunft nicht mehr, kaufe ich online oder im Laden. Er will je nach Zeit oder Situation frei entscheiden, welchen Kanal er nutzt – auch für Retouren. Ich bin davon überzeugt, dass es auch in 25 Jahren noch viele, viele Schuhgeschäfte geben wird. Verkauf ist ja viel mehr als reine Bedarfsbefriedigung. Menschen shoppen gerne, man trifft andere Menschen.
Was ist eine Vision für die nächsten Jahre? Die Weiterentwicklung des digitalen Geschäfts, indem man sehr individuell auf den Kunden eingehen kann.
Gibt es auch Ziele, die in Zahlen abgelesen werden können? Wir wollen als Konzern mindestens um fünf Prozent pro Jahr weiter wachsen. Wichtig ist, dabei auch flächenbereinigt gesund unterwegs zu sein. Das haben wir in den vergangenen Jahren immer geschafft.
Sie steuern wahrscheinlich auch neue Länder an. Wir haben in Belgien begonnen, starten jetzt in Frankreich, das ist kein einfacher Markt. Dann haben wir noch viel Raum in Russland und in den USA.
Sie haben 2013 einmal gesagt, Sie würden eher Abstriche bei den Roherträgen machen als die Preise erhöhen. Ist das wieder so? Wir haben auch jetzt die Eurostärke gegenüber dem Dollar nicht in die Preise übersetzt, insofern ist das sehr aktuell. Wir machen auch jetzt Abstriche.
Konsumenten werden immer sensibler, was Qualität und Produktionsbedingungen betrifft. Können Sie sich ein Gütesiegel für Schuhe vorstellen? Wir arbeiten ja mit unabhängigen Prüfinstituten zusammen, um Qualität, Passform und Schadstoffbelastung zu kontrollieren, alles, was relevant ist. Unsere Anforderungen gehen über die gesetzlichen teilweise sehr weit hinaus. Von daher hätten wir mit einem Gütesiegel kein Problem, die Standards müssten aber vernünftig nachvollziehbar sein. Für die Produktion haben wir vor vielen Jahren nach den Maßstäben der ILO (Internationale Organisation für Arbeit der UNO, Anm.) einen Code of Conduct erlassen für menschengerechte, umweltgerechte Arbeitsbedingungen, Diskriminierungsverbote, Arbeitszeiten, Löhne, alles sehr konkret. Daran müssen sich die für uns tätigen Fabriken halten. Das wird auch von unabhängigen Stellen geprüft.
Die Deichmann-Gruppe rollt gerade die relativ neue Kette MyShoes, die auf bekannte Marken setzt, stärker aus. Was ist da der Plan?
Mit dem Konzept sind wir nur im deutschsprachigen Raum, also in Deutschland, der Schweiz und in Österreich. Das wird noch länger so bleiben. Es funktioniert sehr gut. Da haben wir noch ganz viel Potenzial.