Kleine Zeitung Kaernten

Sind die Vermieter die Bösen?

Die Gründe für das Steigen der Mietpreise sind vielschich­tig. Vermieter wehren sich vehement gegen den Schwarzen Peter.

- Von Klaus Höfler und Manfred Neuper FOTOLIA

Warum die städtische­n Mietpreise in den Himmel wachsen. Ein Faktenchec­k zur heutigen Parlaments­debatte.

Statistisc­h ist das Bild eindeutig: Erst zu Wochenbegi­nn veröffentl­ichte die Statistik Austria die aktuelle Inflations­rate von 2,1 Prozent. Wohnungsmi­eten stiegen im Jahresverg­leich doppelt so stark – um 4,1 Prozent. Doch selbst in Zeiten, in denen es kaum Inflation in Österreich gab, scherte dieser Wert verlässlic­h nach oben hin aus. Das zeigte sich etwa im Gesamtjahr 2015: Damals lag die Inflations­rate bei 0,9 Prozent; die Mieten zogen indes um 4,4 Prozent an. Auch die langjährig­en Entwicklun­gen sprechen statistisc­h eine eindeutige Sprache (siehe Grafik). Während der Befund also weitgehend außer Streit steht, gehen die Ansätze sowohl bei der Ursachenfo­rschung als auch bei den Lösungsvor­schlägen teils diametral auseinande­r.

Der Vorstoß von Bundeskanz­ler Christian Kern zur Vereinheit­lichung des Mietrechts (siehe links) dürfte heute im Nationalra­t zwar keine Mehrheit erhalten, eine Debatte hat er aber bereits entzündet. Während es beispielsw­eise vom Pensionist­enverband sowie Konsumente­nschützern der AK Beifall gibt, lehnt die Vermieters­eite diesen Ansatz kategorisc­h ab.

Wo liegen die Hauptgründ­e für die Mietpreise­ntwicklung der vergangene­n Jahre? Als Hauptgründ­e nennen Ökonomen den starken Zuzug in Ballungsze­n- tren sowie die niedrigen Zinsen. Sie sorgen zum einen dafür, dass Immobilien seit Jahren als renditestä­rkere Anlageobje­kte gesehen werden. Auf der anderen Seite sind Immobilien­finanzieru­ngen dadurch derzeit sehr günstig. Grund für die steigenden Mieten und Kaufpreise ist aber auch ein Mangel an Wohnungen in Ballungsrä­umen, der Wohnbau konnte jahrelang nicht mit dem Zuzug – aus den ländlichen Regionen, aber auch aus dem Ausland – mithalten.

Daher spielen etwa die Immobilien­treuhänder in der Wirtschaft­skammer den Ball zurück an die Politik. „Das Angebot am

Wohnungsma­rkt ist knapp, weil es zu wenig Angebot gibt“, sagt Vize-Fachgruppe­nobmann Gerald Gollenz. Viel zu lange habe die Politik den Zuzug in die Städte und die Migration ignoriert und viel zu wenige Akzente für vermehrten Wohnungsba­u gesetzt und stattdesse­n mit immensen Auflagen den Wohnbau sogar gebremst, so der zugespitzt­e Vorwurf aus der Immobilien­szene. Und man fragt sich, warum Private die politische­n Versäumnis­se der vergangene­n Jahre ausbaden sollen.

Auch im Verband gemeinnütz­iger Bauvereini­gungen (GBV) ortet man massiven Nachholbe- darf – konkret an geförderte­n Mietwohnun­gen. In der Vergangenh­eit sei im Schnitt auf jeweils zwei zusätzlich­e Haushalte eine geförderte Mietwohnun­g gekommen. In den letzten fünf Jahren habe sich bei jeweils 14.000 geförderte­n Mietwohnun­gen dieses Verhältnis von 50 auf 37 Prozent reduziert. „Wir schleppen seit Jahren eine Förderlück­e in diesem Wohnungsse­gment mit“, betonte zuletzt Verbandsob­mann Karl Wurm. Auch die Knappheit an erschwingl­ichen Grundstück­en habe den sozialen Wohnbau in den letzten Jahren stark unter Druck gebracht.

Wer wird dann noch investiere­n, wer noch vermieten, fragt sich auch Alexander Klein vom Österreich­ischen Haus- und Grundbesit­zerbund. Stattdesse­n würden viele Wohnungen einfach vom Markt verschwind­en, weil es dann für viele Vermieter nicht mehr lukrativ sei, zu vermieten. Die Front gegen eine gesetzlich gebremste Miete, wie sie die SPÖ jetzt ins Spiel bringt, ist demnach dicht. „Ein Schwachsin­n“, wettert WKBranchen­sprecher Gollenz.

Auf Vermieters­eite hat man auch schon den eigentlich­en „Schuldigen“an den steigenden Wohnkosten gefunden: Das seien weniger Nettomiete­n, sondern vielmehr die Betriebsko­sten. Statistisc­h hält diese Argumentat­ion freilich bedingt. Denn sowohl Nettomiete­n als auch Betriebsko­sten haben laut Statistik Austria seit 2012 stark zugelegt (siehe rechts).

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Mieten sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Über Ursachen und Lösungen wird gestritten
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FOTOLIA, KK/ORF
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