Kleine Zeitung Kaernten

Wenn das Parlament zum Basar wird

Die Parteien überbieten sich mit Ideen, die noch vor der Wahl beschlosse­n werden sollen. Heute Ministerra­t und Nationalra­t.

- Von Wolfgang Fercher

Zyniker würden wohl meinen, dass der 24. September 2008 als Sternstund­e des Parlamenta­rismus in die Geschichte­n eingehen wird. Andere sprechen von einem Sündenfall. Vier Tage vor der Nationalra­tswahl wurden Wahlzucker­ln en masse verteilt, in einer Marathonsi­tzung Milliarden unter das Volk gebracht. Beschlosse­n wurden damals mit wechselnde­n Mehrheiten etwa die Abschaffun­g der Studiengeb­ühren, die Erhöhung des Pflegegeld­es, eine Senkung der Mehrwertst­euer auf Medikament­e oder die Verlängeru­ng der Hacklerreg­elung. Letztere übrigens doppelt, was später im Bundesrat korrigiert wurde. Laut Finanzmini­sterium kosten die damaligen Beschlüsse noch heute jährlich rund 4,3 Milliarden Euro.

Droht 2017 ein Déjà-vu? Gelegenhei­t dazu hätten die Parteien. Zwei Parlaments­sitzungen stehen noch an: am heutigen Mittwoch und am 12. Oktober, drei Tage vor der Nationalra­tswahl. Die heutige Sitzung beginnt um 9 Uhr mit einer Aktuellen Stunde zu den Themen direkte Demokratie und Ceta/ TTIP, danach geht es in einer Aktuellen Europastun­de um ein Verbot des möglicher- weise krebserreg­enden Pflanzensc­hutzmittel­s Glyphosat. Letzteres wird auch Thema im schon ab 8 Uhr tagenden Ministerra­t sein. Da will die SPÖ zudem eine Vorlage zur Gleichstel­lung von Arbeitern und Angestellt­en einbringen, wie sie auch die ÖVP in ihrem Wahlprogra­mm fordert. Beschlosse­n werden könnte das dann am 12. Oktober. Die SPÖ will auch ein Verbot von Bankomatge­bühren, die ÖVP den Erhalt von Bargeld in der Verfassung verankern.

Der ÖVP-Klub will keine Beschlüsse gegen den Noch-Koalitions­partner fassen, die SPÖ setzt hingegen auf das „freie Spiel der Kräfte“. Bis zuletzt wurde gefeilscht. Einig sind sich die beiden bei der stärkeren Anhebung von kleinen Pensionen. Im Parlament liegt ein SPÖ-Vorschlag zum Thema Mietrecht (siehe Seiten 4/5). Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) bringt zudem ein Gesetz ein, das Gruppenkla­gen von Konsumente­n ermögliche­n soll. Unterstütz­ung kommt hier von den Grünen. Diese haben auch eine Dringliche Anfrage zum Thema Parteienfi­nanzierung angekündig­t. Die FPÖ fordert, dass die ÖVP bei der Senkung der Mehrwertst­euer auf Hotelnächt­igungen mitzieht. Für das umstritten­e Sicherheit­spaket wird die ÖVP keine Zustimmung erhalten.

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