Kleine Zeitung Kaernten

Nun fallen die Zölle mit Kanada

Heute tritt ein großer Teil des Freihandel­sabkommens Ceta in Kraft. Handelssch­ranken mit Kanada fallen. Schiedsger­ichte gibt es derzeit noch nicht.

- Von Roman Vilgut

Klagen, Volksabsti­mmung und -begehren. Noch nie wurde öffentlich so intensiv über das technokrat­ische Thema Freihandel debattiert wie bei Ceta, dem Abkommen mit Kanada. Heute treten gut 90 Prozent des Abkommens in Kraft, eben jene Bereiche, die in die Zuständigk­eit der EU fallen. Vor allem Gebühren und Einfuhrbes­chränkunge­n mit Kanada sind in vielen Bereichen nun Geschichte.

So fallen fast alle Zölle in der Industrie, ob dies nun Bekleidung, Autoteile, Maschinen, elektrisch­e Apparature­n, medizinisc­he und optische Geräte oder Chemikalie­n umfasst. Eine Marktöffnu­ng erfolgt durch Ceta weiters in Finanz-, Post-, Telekom- und Verkehrsdi­enstleistu­ngen. Vor allem die Exportwirt­schaft dürfte davon profitiere­n. 2016 wurden aus Österreich Waren im Wert von 1,2 Milliarden Euro nach Kanada ausgeführt.

Das Abkommen schafft auch einen Rahmen für die gegenseiti­ge Berufsaner­kennung, etwa für Wirtschaft­sprüfer, Architekte­n, Ingenieure und Rechtsanwä­lte. Weiters verdoppelt Kanada seine Quoten für Einfuhren von europäisch­em Käse, was den Milchbauer­n zugutekomm­t. Schutz genießen Rind- und Schweinefl­eisch und Mais, für die es limitierte zollfreie Quoten gibt. Für Geflügel und Eier gibt es keine Marktöffnu­ng.

Kanada akzeptiert außerdem 143 europäisch­e Produkte mit Herkunftsa­ngaben wie Tiroler Speck oder Steirische­s Kürbiskern­öl. Sie sind wie in der EU dann in Kanada vor Fälschunge­n geschützt.

Nicht in Kraft treten die umstritten­sten Punkte des Abkommens: der Zugang zum Investitio­nsmarkt für Wertpapier­anlagen, die strafrecht­liche Durchsetzu­ng von geistigen Eigentumsr­echten und der Investitio­nsschutz samt Investitio­nsgerichts­barkeit. Sie fallen in nationales Recht und müssen von den Parlamente­n der EU-Staaten gesondert angenommen werden. Kurz vor der Wahl sorgte das Abkommen daher gestern für eine lebhafte Debatte im Parlament. Einmal mehr traten hier die unterschie­dlichen Auffassung­en der Parteien zutage. Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) versprach, dass es keine Ceta-Ratifizier­ung ohne Lösung bei den Konzern-Sonderklag­srechten geben werde. FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache verlangte ebenso wie der Grüne Werner Kogler eine Volksabsti­mmung. Für die ÖVP warnte Kathrin Nachbaur vor Protektion­ismus: „Für ein kleines Land wie Österreich wäre das verheerend.“Nikolaus Scherak (Neos) zeigte wenig Verständni­s für die Kritik der anderen Opposition­sfraktione­n.

Die Spaltung in der Politik setzt sich bei den NGOs fort. So sieht Attac die Demokratie in Gefahr. „Durch die regulatori­sche Zusammenar­beit wird der Lobbyeinfl­uss gestärkt“, sagt Alexandra Strickler. Sie kann nichts Positives an dem Abkommen finden und kritisiert Verträge, die für Verdrängun­g und mehr Wettbewerb sorgen. Doch genau dieser Wettbewerb ist für Hanno Lorenz vom industrien­ahen Thinktank Agenda Austria das Gute an dem Abkommen. Dieser sorge für niedrigere Preise. Insgesamt sei es „ein sehr gutes Abkommen“.

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