Kleine Zeitung Kaernten

Da blieb kein Auge trocken

Sheila Jordan berührte im Kulturhofk­eller Villach.

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Ihre Stimme ist eigentlich nur noch Alterstimb­re. Aber Sheila Jordan quittiert es mit einem Lachen. Mit 88 Jahren ist sie froh, noch auf der Bühne stehen zu dürfen und mit so wunderbare­n Musikern wie dem Bassisten Peter Herbert und dem Pianisten Renato Chicco zu singen. Das Spröde und manchmal nur Hingehauch­te kann nicht verbergen, mit welcher Courage, Musikalitä­t und Freude sie jeden einzelnen Song angeht. Den Jazz bezeichnet sie beim Konzert des Kulturforu­m Villach als einzigen Grund, warum sie überhaupt noch am Leben sei.

Der Bebop, jener Stil, den sie mit verstorben­en Größen wie Charlie Parker einst mitprägte, hat in ihrer aktuellen Interpreta­tion alles von seiner Nervosität verloren. In souveräner Ruhe lässt sie die Standards von Berlin bis Bernstein schwingen, schäkert mit dem Publikum und ihrem „handsome Bass-Player“. Bei Parkers Song „Confirmati­on“scattet sie mit letzterem um die Wette und gibt lachend auf: Sie könne seinen „Lines“nicht folgen.

Zuletzt bekommt der Abend noch unglaublic­he Tiefe. Zuerst mit Jimmy Webbs bittersüße­m „The Moon’s a Harsh Mistress“und dann noch mehr mit einem der melancholi­schsten Abschiedsl­ieder des Great American Songbook, Bernsteins „We’ll Catch up Some Other Time“. Da singt sie dem Publikum „Good bye“, im Bewusstsei­n, dass ihr Ende nicht mehr weit ist. Ein großes Herz, unglaublic­h positive Energie – da blieb kein Auge trocken.

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