Kleine Zeitung Kaernten

„Der Nationalis­mus ist überall auf dem Vormarsch“

Der Wahlerfolg der AfD in Deutschlan­d gebe Anlass, sich auch über die politische Entwicklun­g in Österreich und ganz Europa Gedanken zu machen.

- Ewald Kattinger, Söding

Leitartike­l „Späte Normalität“, 26. 9., und „Triumph der rechten Wutbürger“, 25. 9.

Stefan Winklers treffendem Leitartike­l über die „späte Normalität“Deutschlan­ds kann man vielleicht noch dies hinzufügen: Der Nationalis­mus ist als vielverspr­echende Antwort auf die Globalisie­rungsängst­e überall auf dem Vormarsch. Trumps Politik („America first!“) und die Brexit-Parolen unterschei­den sich in der Substanz nicht von der Propaganda der AfD; in Polen und Ungarn sind Regierunge­n an der Macht, die sich die AfDWähler für Deutschlan­d wünschen würden.

Die Lehren aus den gescheiter­ten und zum Teil verbrecher­ischen Nationalis­men der 30er-Jahre sind verblasst. Die Flüchtling­skrise als Treibsatz für den „neuen“Nationalis­mus wird nur gelöst werden können, wenn eine überregion­ale, das heißt europäisch­e Antwort auf den Migrantens­trom gefunden wird. Auch hier, nicht nur in der Wirtschaft­spolitik, sind die neuen Regierunge­n in Deutschlan­d und Frankreich gefordert.

Dr. Helmut Sihler, Pörtschach

Zeit, sich zu sorgen

Dass die AfD gerade in der ehemaligen DDR so großen Zuspruch erfährt, erklärt sich meiner Meinung nach aus der Kultur des Kommunismu­s. Auch in den anderen ehemaligen Ostblocklä­ndern sind ja ähnliche Strömungen zu sehen. Im Kommunismu­s wurde von staatliche­r Stelle für alles gesorgt und an allem, was nicht klappte waren immer die bösen anderen schuld. Der Westen, die Imperialis­ten usw. Nur selbst hatte man für nichts Verantwort­ung. Nach der Wende stand man nun da und sollte sich selbst um Arbeit, Wohnung, Ausbildung etc. kümmern. Anfangs war der einzig ausmachbar­e „Feind“die EU, doch dann kam mit der Flüchtling­swelle ein wesentlich sichtbarer­er und greifbarer Sündenbock dazu. Wir sind das Volk und „die Politiker“tun nichts für uns. Ähnlich bei uns: Jede(r) erwartet sich ein Höchstmaß an sozialer Unterstütz­ung, aber es soll natürlich nichts kosten.

Der Spruch des AfD-Chefs „Wir holen uns Deutschlan­d zurück!“lässt mich zutiefst erschauder­n. Wem wurde Deutschlan­d weggenomme­n? Richtig! Den Nazis. „Wehret den Anfängen?“Es hat leider längst begonnen und es wird Zeit, sich echte Sorgen zu machen.

Harald Schallerl, Preßguts

Dunkeldeut­schland

Des Öfteren hörte ich den Ausdruck „Dunkeldeut­schland“im Zusammenha­ng mit den sogenannte­n neuen Bundesländ­ern bei unserem Nachbarn Deutschlan­d. Ich konnte mir wenig Reim drauf machen. Nun bin ich erhellt: Laut dem Wahlergebn­is von letztem Sonntag scheint es mir tatsächlic­h so zu sein, dass es im Zusammenha­ng mit Demokratie­verständni­s, Menschlich­keit und sozialer Intelligen­z es in diesen Bundesländ­ern tatsächlic­h ziemlich finster ausschaut.

Und wir in Österreich, wie weit reicht unsere soziale Intelligen­z und Weltoffenh­eit? Die Wahlen bei uns in Österreich werden es uns zeigen.

Veronika Kapeller, Arriach

Triumph der Wutbürger

Mit großer Beklemmung habe ich die „Siegesrede“des AfDSpitzen­kandidaten Alexander Gauland gehört: „Wir werden die künftige Regierung jagen, wir werden Frau Merkel jagen.“Wenn man bedenkt, dass künftig über 90 AfD-Abgeordnet­e im Bundestag sitzen werden, muss man befürchten, dass sich diese radikale Sprache noch verstärken wird und auch entspreche­nde Taten folgen könnten. Ohne die unselige Zeit des Aufstiegs des Nationalso­zialismus heraufbesc­hwören zu wollen, drängt sich ein Vergleich geradezu auf.

Für ein „Wehret den Anfängen“ist es vermutlich schon zu spät. Bleibt zu hoffen, dass diese „Wutbürger“, die der AfD ihre Stimme gegeben haben, nicht in einem Albtraum aufwachen werden.

Karl Raggam, Hart bei Graz

Merkel-Bashing

Wann hört das ständige „Merkel-Bashing“, vor allem durch Männer, endlich auf ? Ja, sie hat 2015 eine Entscheidu­ng getroffen – unaufgereg­t und sachlich. Diese beiden Eigenschaf­ten schätze ich an PolitikerI­nnen ganz besonders. Dass rechtes Denken und Wählen im Vormarsch ist, hat doch nicht nur mit Angela Merkel zu tun.

,Wehret den Anfängen?‘ Es hat leider schon begonnen und es wird Zeit,

sich echte Sorgen zu machen.

Harald Schallerl, Pressguts

werden nur angebliche Fehler diskutiert und so die Argumentat­ionslinie der Chaostrupp­e AFD übernommen und fast nie der Tatbestand, dass Deutschlan­d heute besser dasteht denn je?

Mag. Ingrid Schindler, Viktring

AfD-Phrasen

Ich frage mich: Wer sind die Leute, von denen die AfD „Land zurückhole­n“will? Wer von den Flüchtling­en, Asylanten und Migranten besitzt Land in Deutschlan­d? Und welches „Volk“soll zurückgeho­lt werden – und von wo? Das „deutsche Volk“ist ja eh da.

Die Gratulante­n

Jetzt haben sie es wieder getan – höflich gratuliert! Wie schon dem amerikanis­chen Präsidente­n, der laufend seine Intelligen­z und staatsmänn­ischen Fä- unter Beweis stellt, haben österreich­ische Politiker den Spitzen der AfD gratuliert, die Montag die Jagd auf Menschen eröffnet haben.

Egal, welcher politische­n Seite man zugeneigt ist, das ist unerträgli­ch und traurig zugleich!

Manfred Wagner, Villach Dieses Wahlergebn­is läutet nicht nur eine politische Zeitenwend­e bei unseren deutschen Nachbarn ein, sondern es stellt eine Zäsur dar, denn mit dem Einzug einer rechtspopu­listischen bis rechtsextr­emen Partei in den Bundestag betritt die Bundesrepu­blik quasi Neuland.

Durch das Erstarken der Rechten befindet sich auch Kanzlerin Merkel in einem strategisc­hen Dilemma. Ihr bleibt nach der Absage der SchulzSPD, die den Gang in die OppoWarum sition ankündigte, nur mehr die Jamaika-Koalitions­variante mit der wieder erstarkten FDP und den Grünen. Ob ein solches Bündnis zustande kommt, ist mehr als fraglich. Zwischen der Seehofer-CSU und den Grünen passt in der Migrations­politik kein Blatt, die FDP hat mit den Grünen in Umweltagen­den kaum Übereinsti­mmung und für viele Grüne ist die Union zu konservati­v.

Auf Kanzlerin Merkel kommen komplizier­te Gespräche und wohl turbulente Zeiten zu.

Ingo Fischer, Lavamünd

Petrys Taktik

Denkzettel „Ein irritieren­der Parteiaust­ritt“, 27. 9. Für mich ist es unverständ­lich, dass so viele Leute den Austritt bzw. den Austrittsz­eitpunkt von Frauke Petry irritieren­d oder unverständ­lich finden. Peter Pilz, der aus gekränkter Eitelhigke­iten keit eine reine Bauchentsc­heidung getroffen hat, bringt jetzt FPÖ/Strache in die Regierung (sicher nicht sein oder das grüne Ziel). Frauke Petry hat zuerst der AfD zu einer bedeutende­n Stimme im Parlament verholfen und hat jetzt fünf Jahre Zeit, ohne dem größten Teil ihrer Ideale wehgetan zu haben, eine alternativ­e – regierungs­fähige – Bewegung aufzubauen.

Obwohl ich eher Grün-Wähler bin, muss ich da ihrer Strategie und Taktik ein großes Lob ausspreche­n. In Österreich ist kaum noch eine Alternativ­e zu Schwarz-Blau erkennbar. Wenn Pilz sich erst nach der Wahl getrennt hätte, wäre Rot-GrünGelb eine machbare Alternativ­e gewesen und er hätte die Zeit und die Möglichkei­t gehabt, ein richtiges Programm zu entwickeln. Schade!

Dr. Roel Kragten, Klagenfurt

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