Kleine Zeitung Kaernten

Wie geht es mit den Kurden weiter nach dem „Ja“?

Die irakischen Kurden stimmen mit großer Mehrheit für eigenen Staat. Streit mit Ankara, Teheran, Bagdad ist vorprogram­miert.

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Die Kurden im Irak haben sich in einem umstritten­en Referendum mit überwältig­ender Mehrheit für ihre staatliche Unabhängig­keit ausgesproc­hen. Bei der Volksabsti­mmung am Montag votierten 92,7 Prozent der Wähler für eine Abspaltung vom Irak, wie die kurdische Wahlkommis­sion in Erbil nach Auszählung aller Stimmen erklärte. Ursprüngli­ch war das Ergebnis erst für den heutigen Abend erwartet worden. Die Wahlbeteil­igung lag bei 72 Prozent.

Die irakische Zentralreg­ierung erhöhte unmittelba­r nach Bekanntgab­e der Ergebnisse ihren Druck, um die kurdische Führung zum Einlenken zu bringen. Premiermin­ister Haidar alAbadi verlangte von der Autonomier­egierung im Nordirak, das Ergebnis zu annulliere­n. Er werde mit den Kurden nicht über eine Unabhängig­keit sprechen.

Die Kurden genießen zwar weitgehend­e Autonomier­echte, träumen aber seit Jahrzehnte­n vom eigenen Staat. Mit dem Referendum will Regionalpr­äsident Masud Barzani Fakten schaffen, um die Zentralreg­ierung zu Verhandlun­gen zu zwingen. Der Streit dürfte sich damit ab heute auch zwischen den Volksgrupp­en im Land verschärfe­n. Das Parlament in Bagdad hat alAbadi bereits aufgerufen, Truppen in die von Kurden kontrollie­rten Ölfelder um Kirkuk zu entsenden.

Doch Streit ist nicht nur mit der Regierung in Bagdad vorprogram­miert. Die Nachbarn Türkei und Iran waren ebenfalls gegen das Referendum, da in beiden Ländern Kurden einen Anspruch auf Teile des Staats- gebietes erheben. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdog˘an drohte den Kurden mit einem Ende des Ölexports über sein Land und mit einer Militärint­ervention. Ankara und Teheran befürchten Auswirkung­en auf die Autonomieb­estrebunge­n in ihren eigenen Ländern.

Die Luftfahrtb­ehörde in Bagdad wies ausländisc­he Airlines bereits an, Flüge in die Autonomieg­ebiete von Freitag an zu stoppen. Lufthansa und AUA erklärten jedoch, sie wollten weiter den Flughafen in Erbil anfliegen. Auch Turkish Airlines teilte mit, die Flüge gingen weiter, da keine offizielle Mitteilung aus dem Irak eingetroff­en sei. Die ägyptische Fluglinie Egypt Air und die libanesisc­he MEA erklärten hingegen, sie würden ihre Verbindung­en einstellen.

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Die Kurden haben für ihre Unabhängig­keit vom Irak gestimmt – doch Drohungen von allen Seiten trüben die Freude

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