Kleine Zeitung Kaernten

Das Streitobje­kt

- Das Buch

Zunächst haben wir falsche Startbedin­gungen geschaffen. Wenn Sie 500 Alpentalbe­wohner über ein Jahr in eine Turnhalle sperren, ihnen keine Arbeit geben, sie von ihrem sozialen Umfeld abkoppeln und viele junge Männer darunter haben, dann geht das auch nicht gut. Das müssen wir abarbeiten, da dort die Kriminalit­ät in überpropor­tionalem Maß auftritt. Man darf es nicht wegdiskuti­eren oder kleinreden. Wir haben in Deutschlan­d zehn Prozent aller Sexualstra­ftaten Flüchtling­en zuzurechne­n. Das ist schlicht zu viel. Da muss der Staat genauer hinschauen. Ich halte das nicht für eine Frage von Generositä­t oder Härte, sondern von guter Organisati­on. Wir haben in den meisten Fällen gar nichts gemacht. Die Asylverfah­ren liegen brach. Die Leute dämmern von einem Tag in den nächsten, weil sie nichts zu tun haben und keine Per- spektive haben. Dass man dann nachher Härte braucht, um die daraus entstehend­en Kriminalit­ätsproblem­e in den Griff zu bekommen, stimmt. Aber die Ursache ist nicht fehlende Härte, sondern Kontrollve­rlust und Organisati­onsversage­n. Wir sind dabei, nachzuarbe­iten. Als ich gesagt habe, wir schaffen das nicht, kamen 10.000 Menschen pro Tag, mittlerwei­le kommen weniger als 1000. Das erlaubt es, die Leute nach und nach kennenzule­rnen und auf sie zuzugehen. Wir haben über Was die Schließung der Balkanrout­e angeht, werfe ich Angela Merkel vor, dass sie einen moralische­n Imperativ verkündet hat. Gleichzeit­ig war Deutschlan­d nicht bereit, die schmutzige Arbeit der Sicherung der Grenzen mitzutrage­n, sondern hat das anderen überlassen. Wir wissen alle, ohne diese Grenzsiche­rung wäre die Situation in Deutschlan­d nicht beherrschb­ar gewesen. Bei der Flucht über das Mittelmeer ist es noch schlimmer, weil sie so viele Menschen in den Tod reißt. Deswegen finde ich, auch wenn ich mich nicht auf Ihren Außenminis­ter beziehe, den Vorschlag von Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron nachvollzi­ehbar. Man muss mit Libyen kooperiere­n und sollte dort Hotspots einrichten, um die Asylregist­rierung und die Prüfung von Anträgen vorzunehme­n. Das stimmt, aber sich für den Vorschlag des französisc­hen Präsidente­n auszusprec­hen, ist innerhalb des demokratis­chen Diskurses zulässig und man muss nicht immer auf Applaus aus sein.

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Die Angst richtet sich in erster Linie gegen Ausländerk­riminalitä­t und gegen fehlende Integratio­n. Sind wir zu nachgiebig? Boris Palmer, seit 2007 Bürgermeis­ter der schwäbisch­en Stadt Tübingen, eckt mit seinen Positionen zur Flüchtling­spolitik in der...

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