Kleine Zeitung Kaernten

Der SPÖ-Super-GAU 14 Tage vor der Wahl

Die Affäre Silberstei­n holte die SPÖ ein – und ihrem Spitzenkan­didaten gelang es nicht mehr, sich freizuspie­len.

- Von Claudia Gigler und Michael Jungwirth

Für die SPÖ hätte es schlimmer nicht kommen können: 14 Tage vor der Wahl gipfelte die Affäre Tal Silberstei­n, die man geglaubt hatte aussitzen zu können, im Rücktritt von Parteigesc­häftsführe­r Georg Niedermühl­bichler und im Eingeständ­nis des Kanzlers, SPÖ-Chefs und Spitzenkan­didaten Christian Kern, dass er auch heute noch keine Ahnung davon hat, was wirklich geschah.

Gestern am späten Vormittag wurde bekannt, dass Kern kurz nach Mittag vor die Presse treten werde. Sogar mit einem Rückzug des Spitzenkan­didaten als Nummer 1 wurde bereits spekuliert. Allein das Wissen darum, dass das für die Partei wohl eine noch größere Katastroph­e auslösen würde, hält Kern vermutlich noch bei der Stange.

Es ging in diesem Wahlkampf alles schief, was schieflauf­en kann. Zuletzt ging es um mehrere Facebook-Seiten mit rassistisc­hen und antisemiti­schen Inhalten, die auf eine Initiative des ehemaligen Werbeberat­ers Tal Silberstei­n zurückgehe­n und zum Ziel hatten, ÖVP-Chef Sebastian Kurz diffamiere­nde Aktivitäte­n zu unterstell­en. Gestern musste Kern zugeben, dass diese Seiten offenbar weiterbetr­ieben wurden, nachdem der Vertrag mit Silberstei­n gekündigt worden war, und zwar mit Wissen zumindest eines SPÖMitarbe­iters. Kern betonte, weder er noch Niedermühl­bichler hätten davon gewusst, schon gar nicht hätte die Partei diese Aktivitäte­n finanziert.

Eine „Taskforce“unter Leitung des SPÖ-Abgeordnet­en und Wirtschaft­sprüfers NAbg. Christoph Matznetter werde Licht ins Dunkel bringen. Matznetter und Andrea Brunner, die bisherige Geschäftsf­ührerin der SPÖ-Frauen, sollen bis zur Wahl die Geschäfte der Partei führen, Matznetter soll innerhalb des Duos auch die Kommunikat­ion nach außen übernehmen.

Keine Klärung der Vorgänge, dafür der Versuch, die Affäre aus der Partei heraus zu bereinigen – die politische Konkurrenz empfand den Auftritt als Farce. Damit war die Absicht vereitelt, durch die Vorwegnahm­e der Erklärung das Thema aus der ATV-Elefantenr­unde am Abend herauszuha­lten (Seite 2/3).

Was dem SPÖ-Chef indes auch zu denken gibt: dass es auf den manipulier­ten FacebookSe­iten nach der Trennung von Silberstei­n eine Beschleuni­gung der antisemiti­schen Propaganda gegeben habe. Dass es sich bei den involviert­en Mitarbeite­rn Silberstei­ns um langjährig­e Mitarbeite­r anderer Partei-

en handle. Dass interne Papiere nach außen gedrungen seien, die ihn, Kern, herabwürdi­gten, und dass zuletzt (in einer Boulevardz­eitung) Dossiers über die Unternehme­nsbeteilig­ungen seiner Frau publiziert wurden, die „nur dazu dienen, private Existenzen zu zerstören“.

Für den steirische­n SPÖ-Chef Michael Schickhofe­r sind die erforderli­chen Konsequenz­en gezogen worden: „Ich habe immer gesagt, den Silberstei­n hätten wir uns sparen können.“Das Einzige, was man Kern vorwerfen könne, sei, „dass er sich voll auf das Land konzentrie­rt hat, aber zu wenig auf die Kampagne“.

Der Kärntner Landeshaup­tmann Peter Kaiser fordert eine lückenlose Aufklärung. Vertreter anderer Parteien sollten aber vor der eigenen Türe kehren: Kaiser erinnerte an „das schmierige Hammer-und-Sichel-Heftchen der ÖVP als Anleitung zu Diffamieru­ng der SPÖ“.

 ?? APA(2) ?? Christian Kern: Schwört Stein und Bein, dass kein Geld aus der SPÖ für die Facebook-Seiten floss, und kontert mit Vorwürfen gegen die anderen Parteien
APA(2) Christian Kern: Schwört Stein und Bein, dass kein Geld aus der SPÖ für die Facebook-Seiten floss, und kontert mit Vorwürfen gegen die anderen Parteien
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Andrea Brunner: springt in die Bresche
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