Nach Bluttat: Kritik an Polizei
Frau zeigte ihren Ex-Freund wegen Stalkings an. Wenig später tötete er sie vor ihrem Haus.
Monatelang wurde eine Frau von ihrem Ex-Partner mit Anrufen und bedrohlichen SMS verfolgt. Am 5. Dezember 2016 ging sie zur Polizei in St. Veit und zeigte ihren Ex wegen Stalkings an. „Ich habe Angst, dass er vor meinem Haus steht“, sagte sie. Wenig später ist das passiert: Ihr Ex-Partner lauerte ihr in St. Veit auf – und prügelte mit einer Eisenstange auf sie ein. 15 Tage nach der Anzeige war die Frau tot. Ihr Ex-Mann wurde kürzlich wegen Mordes (nicht rechtskräftig) verurteilt.
Nun gibt es Kritik an dem Vorgehen der Polizei. Was wurde nach der Stalking-Anzeige unternommen? „Da sind viele Fragen offen“, meint etwa Alexandra Kalmann, die Anwältin der Hinterbliebenen. „Die Polizei hätte sofort handeln müssen“, findet Anwalt Hans Gradischnig, der Verteidiger des Täters.
Man habe rechtlich richtig agiert, sagt dazu Daniela Puffing, Bezirkspolizeikommandantin aus St. Veit. Zuerst sei das Handy des Opfers ausgewertet und Zeugen befragt worden. Sechs Tage nachdem die Frau Anzeige erstattet hat, bekam die Polizei Villach ein Erhebungsersuchen: Sie sollten den Täter vernehmen, da er in Villach wohnt. Doch der Mann war nicht erreichbar. „Der Sachbearbeiter ist einmal zur Wohnung des Beschuldigten gefahren und traf ihn nicht an“, präzisiert Puffing. Angerufen oder schriftlich geladen wurde der Täter nicht, bestätigt sie. Es sei nicht auszuschließen, dass der Mann zu dem Zeitpunkt, als ihn der Polizist aufsuchen wollte, bereits in Haft war. Denn als der Beamte anschließend eine Melderegister-Anfrage machte, „war der Beschuldigte bereits in der Justizanstalt“, sagt Puffing. Auch Staatsanwältin Sandra Agnoli erwähnte im Prozess: „Die Polizei kam nicht mehr dazu, den Mann einzuvernehmen.“Anwalt Gradischnig sagt: „Mein Mandant wusste nicht einmal, dass er angezeigt wurde.“
Was in der Causa noch auffällt: Die Anzeige der Frau wurde nicht an das Gewaltschutzzentrum weitergeleitet. „Solche Anzeigen müssen uns automatisch übermittelt werden, damit wir weitere Schritte planen können. Warum das nicht passierte, ist zu hinterfragen“, sagt Roswitha Bucher, die Leiterin des Zentrums. Puffing: „Der Sachbearbeiter war sich trotz Schulung nicht klar, dass er Anzeigen an das Gewaltschutzzentrum weiterleiten muss.“