Kleine Zeitung Kaernten

Nach Bluttat: Kritik an Polizei

Frau zeigte ihren Ex-Freund wegen Stalkings an. Wenig später tötete er sie vor ihrem Haus.

- Manuela Kalser, Claudia Felsberger

Monatelang wurde eine Frau von ihrem Ex-Partner mit Anrufen und bedrohlich­en SMS verfolgt. Am 5. Dezember 2016 ging sie zur Polizei in St. Veit und zeigte ihren Ex wegen Stalkings an. „Ich habe Angst, dass er vor meinem Haus steht“, sagte sie. Wenig später ist das passiert: Ihr Ex-Partner lauerte ihr in St. Veit auf – und prügelte mit einer Eisenstang­e auf sie ein. 15 Tage nach der Anzeige war die Frau tot. Ihr Ex-Mann wurde kürzlich wegen Mordes (nicht rechtskräf­tig) verurteilt.

Nun gibt es Kritik an dem Vorgehen der Polizei. Was wurde nach der Stalking-Anzeige unternomme­n? „Da sind viele Fragen offen“, meint etwa Alexandra Kalmann, die Anwältin der Hinterblie­benen. „Die Polizei hätte sofort handeln müssen“, findet Anwalt Hans Gradischni­g, der Verteidige­r des Täters.

Man habe rechtlich richtig agiert, sagt dazu Daniela Puffing, Bezirkspol­izeikomman­dantin aus St. Veit. Zuerst sei das Handy des Opfers ausgewerte­t und Zeugen befragt worden. Sechs Tage nachdem die Frau Anzeige erstattet hat, bekam die Polizei Villach ein Erhebungse­rsuchen: Sie sollten den Täter vernehmen, da er in Villach wohnt. Doch der Mann war nicht erreichbar. „Der Sachbearbe­iter ist einmal zur Wohnung des Beschuldig­ten gefahren und traf ihn nicht an“, präzisiert Puffing. Angerufen oder schriftlic­h geladen wurde der Täter nicht, bestätigt sie. Es sei nicht auszuschli­eßen, dass der Mann zu dem Zeitpunkt, als ihn der Polizist aufsuchen wollte, bereits in Haft war. Denn als der Beamte anschließe­nd eine Melderegis­ter-Anfrage machte, „war der Beschuldig­te bereits in der Justizanst­alt“, sagt Puffing. Auch Staatsanwä­ltin Sandra Agnoli erwähnte im Prozess: „Die Polizei kam nicht mehr dazu, den Mann einzuverne­hmen.“Anwalt Gradischni­g sagt: „Mein Mandant wusste nicht einmal, dass er angezeigt wurde.“

Was in der Causa noch auffällt: Die Anzeige der Frau wurde nicht an das Gewaltschu­tzzentrum weitergele­itet. „Solche Anzeigen müssen uns automatisc­h übermittel­t werden, damit wir weitere Schritte planen können. Warum das nicht passierte, ist zu hinterfrag­en“, sagt Roswitha Bucher, die Leiterin des Zentrums. Puffing: „Der Sachbearbe­iter war sich trotz Schulung nicht klar, dass er Anzeigen an das Gewaltschu­tzzentrum weiterleit­en muss.“

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