Psychologische Studie mit Retro-Charme
Applaus für die Wiederaufnahme von Dietmar Pflegerls „La Bohème“. Die Einstudierung übernahm Michael Eybl.
Mit ihrer Wiederaufnahme von Puccinis „La Bohème“erinnert die Grazer Oper an den 2007 verstorbenen Regisseur und Intendanten Dietmar Pflegerl. Er sicherte dem Klagenfurter Stadttheater mit gefeierten Inszenierungen und konsequenter Kulturpolitik internationale Aufmerksamkeit.
Etwas Retro-Charme hat die 14 Jahre alte Produktion in der Ausstattung von Bernd-Dieter Müller und Annette Zepperitz schon, aber Pflegerls Genauigkeit, seine dem Werk verpflichtete Arbeitsweise, die Wahrhaftigkeit der Charaktere machen die Lebens- und Liebeswirren der jungen Künstler zu einer psychologischen Studie.
Das archetypische Bild einer Künstlergesellschaft, dem Puccini mit dieser Oper eine nie versiegende Frische verlieh, hat Pflegerls ehemaliger Assistent Michael Eybl – er ist seit 2012 Chefinspizient und Leiter des szenischen Dienstes am Stadttheater Klagenfurt – mit jungen Kräften (vorwiegend aus dem Haus) einstudiert. Und hier beeindruckten die lebendige Darstellung ebenso wie das musikalische Niveau. Von Pavel Petrovs jugendlich strahlendem Rodolfo über Polina Pastirchaks (Mimi) genau geführten Sopran und Sieglinde Feldhofers differenzierte Musetta bis zu Dariusz Perczak (Marcello), Peter Kellner (Colline) und Neven Crnic´ (Schaunard) blieben keine Wünsche offen. Bewährt wie stets David Mc Shane (Benoit), Manuel von Senden (Parpignol) und Konstantin Sfiris (Alcindoro).
Dirigent Marius Burkert hatte etwas Mühe, den anfänglich zähen Fluss des Orchesters in Schwung und zu zarten Nuancen zu bringen.