Kleine Zeitung Kaernten

Schreiben als Rettung vor der Hölle

INTERVIEW. Nach „Die Wand“spielt Martina Gedeck auch in „Wir töten Stella“in einer Romanverfi­lmung nach Marlene Haushofer. Der Star über das beklemmend­e Drama, das derzeit im Kino läuft.

- Von Luigi Heinrich

Schon während des Drehs zu „Die Wand“hatte Regisseur Julian Pölsler die beiden anderen Romane von Marlen Haushofer, „Wir töten Stella“und „Die Mansarde“, im Hinterkopf. Drei Werke, die sich thematisch und stilistisc­h sehr ähnlich sind. Wie war Ihnen zumute, als Sie das Angebot bekamen, auch in „Wir töten Stella“wieder mitzumache­n?

MARTINA GEDECK: Ich habe mich sehr gefreut, weil ich diese Figur irgendwie bei mir behalten hatte. Die Arbeit zur „Wand“habe ich bis heute nicht vergessen, es gab auch starke Resonanz. Der Charakter der Anna hat mich lang begleitet. Als es dann hieß, dass ein Prequel folgen sollte, sagte ich nur: Ja, das passt! Wenn man mit ihr in Berührung kommt, ist die ganze Haushofer’sche Literatur immens aufregend. Wenn man da eintaucht, ist man gefangen.

Haushofer sei „brutal wie ein Vorschlagh­ammer“, heißt es. Stimmen Sie zu? Ich kann es verstehen, wenn jemand den Film so empfindet. Wir begegnen dem Charakter der Anna ja in einem Ausnahmezu­stand. Weil sie gegen die Katastroph­e, die ihr passiert, anschreibt. Es geht ihr um die Annäherung an die Wahrheit. Dem, was geschehen ist, nicht auszuweich­en. Dem Tod einer Studentin, die die Familie bei sich aufgenomme­n hat. Wir spüren diese über den Dingen stehende Wahrheit und die Hoffnungsl­osigkeit, die bei ihr mitschwing­t. Der Schreibpro­zess ist es, der Anna rettet. Nicht nur vor der Hölle, sondern auch vor dem Auszucken. Die Rahmenhand­lung finde ich wahnsinnig spannend. Wie sie über die Grenze, in der sie sich bewegt, hinausgeht. In „Die Wand“ist sie in der Natur, in der Freiheit. Hier aber in einem begrenzten Raum, sodass die Wand für sie persönlich eher noch etwas Positives ist.

Haben Sie sich aufgrund dieser Filme ausführlic­h in das OEuvre von Marlen Haushofer vertieft? Ja, natürlich. Schon während der Dreharbeit­en zur „Wand“habe ich ihr Gesamtwerk gelesen. Auch, weil bei ihr ja alles in Verbindung steht.

Ja, insofern, als sie im Nichtauswe­ichen beharrlich, unerbittli­ch und schonungsl­os ist. Sie öffnet ja quasi zwei Welten. Jene, in der sich Anna bewegt, und dann das innere Erleben. Im Inneren empfindet sie Wahrheit, Wirklichke­it, Kälte, Chaos. Die Brutalität ist nicht ihre eigene, sondern das, was sich zwischen Menschen abspielt. Da ist sie schonungsl­os und legt die Dinge offen. Wie mit einem Sezierbest­eck.

Aktuell sind Sie schon wieder am Arbeiten? Ja, an einer sechsteili­gen Serie. Eine bitterböse, satirische Geschichte. Es geht um einen Mann, der versucht, seine Frau umzubringe­n. Was ihm nicht gelingt. Und wieder eine fantastisc­he Aufgabe für mich, denn ich spiele eine Doppelroll­e. Zwillingss­chwestern mit ganz verschiede­nen Gesichtern. Die eine ist einfach gestrickt, die andere ungemein temperamen­tvoll, fast eine Chaoten-Queen.

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Ein Zitat, in dem gesagt wird, dass Jean-Paul Sartre falsch lag. Denn: „Die Hölle sind nicht nur die anderen, sondern wir selbst. Wenn man diesen Film gesehen hat, möchte man etwas anzünden!“Richtig?
THIEM-FILM Zweite Haushofer-Verfilmung für Martina Gedeck Ein Zitat, in dem gesagt wird, dass Jean-Paul Sartre falsch lag. Denn: „Die Hölle sind nicht nur die anderen, sondern wir selbst. Wenn man diesen Film gesehen hat, möchte man etwas anzünden!“Richtig?

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