Das Spiel von Gier, Liebe und Mord
Mit Prokofjews Jugendoper „Der Spieler“gelingt der Staatsoper ein packender Abend, getragen von erstklassigen Sängern und der klugen Regie der Steirerin Karoline Gruber.
Mit dieser Millionenfrage fliegt jeder Kandidat aus dem Spiel: Stimmt es, dass die Wiener Staatsoper noch nie eine Oper von Sergej Prokofjew im Repertoire hatte? Die richtige Antwort wäre: „Ja.“Im Haus am Ring konnte man sich bisher nur für die Ballette des großen Russen erwärmen.
Dominique Meyer hat hoch gepokert. „Der Spieler“, die Literaturoper des erst 25-jährigen Prokofjew, liegt weitab vom gängigen Repertoire. Prokofjew versuchte mitten im Ersten Weltkrieg, einen neuen Konversationston zu entwickeln, der sich deutlich von Richard Wagners Musikdramen abheben sollte. Das Werk, das in nur einem halben Jahr entstand, fordert Publikum und Künstler gleichermaßen. Der Jubel am Ende der Premiere zeigte – der hohe Einsatz hat sich gelohnt.
Großen Anteil daran hat Karoline Gruber. Die Regisseurin vermeidet realistisches Nacherzählen und billige Verheutigung, Bühnenbildner Roy Spahn und die Kostümbildnerin Mechthild Seipel entwerfen eine skurrile Phantasiewelt, in der das Spiel um Gier, Liebe und Mord langsam Schwung aufnimmt: Ein riesiges, zertrümmertes Karussell, das sinnlos um die gebrochene Achse kreist, erinnert an ein Rouletterad, Sinnbild der verlorenen Existenzen. Aus dem dicht gefügten, spröden Dialoggeflecht des ersten Akts schält sich die Geschichte einer gescheiterten Liebe. Alexej und Polina scheitern an ihrem gegensätzlichen Verhältnis zum Geld. Er setzt seine ganze Hoffnung darein, sie fühlt sich dadurch gekauft, beschmutzt. Mit scharfen Klauen, die Alexej im manischen Rouletteakt wachsen, erwürgt er seine Geliebte.
Grandios die Sängerbesetzung bis ins letzte Glied. 31 Solisten verzeichnet die Liste, angeführt von zwei phänomenalen Debütanten: Dmitry Ulyanov als General und Elena Guseva als Polina. Misha Didyk, oft gebucht für gescheiterte slawische Tenorexistenzen, trägt mit unverwüstlicher Kraft den Abend. Linda Watson verleiht der alten Babulenka, die ihr Geld absichtlich verspielt, einen Hauch Wehmut.
Der neue Konversationston, der Prokofjew vorgeschwebt sein mag, kommt bei Simone Young zu wuchtig und laut daher. Mit dem zweiten Teil des Werks, der herkömmlichen Opern näherkommt, weiß sie hörbar mehr anzufangen. Sensationell der Chor, der auch solistisch seine Qualitäten beweist. Jubel für alle.