Kleine Zeitung Kaernten

Das Spiel von Gier, Liebe und Mord

- Von Thomas Götz

Mit Prokofjews Jugendoper „Der Spieler“gelingt der Staatsoper ein packender Abend, getragen von erstklassi­gen Sängern und der klugen Regie der Steirerin Karoline Gruber.

Mit dieser Millionenf­rage fliegt jeder Kandidat aus dem Spiel: Stimmt es, dass die Wiener Staatsoper noch nie eine Oper von Sergej Prokofjew im Repertoire hatte? Die richtige Antwort wäre: „Ja.“Im Haus am Ring konnte man sich bisher nur für die Ballette des großen Russen erwärmen.

Dominique Meyer hat hoch gepokert. „Der Spieler“, die Literaturo­per des erst 25-jährigen Prokofjew, liegt weitab vom gängigen Repertoire. Prokofjew versuchte mitten im Ersten Weltkrieg, einen neuen Konversati­onston zu entwickeln, der sich deutlich von Richard Wagners Musikdrame­n abheben sollte. Das Werk, das in nur einem halben Jahr entstand, fordert Publikum und Künstler gleicherma­ßen. Der Jubel am Ende der Premiere zeigte – der hohe Einsatz hat sich gelohnt.

Großen Anteil daran hat Karoline Gruber. Die Regisseuri­n vermeidet realistisc­hes Nacherzähl­en und billige Verheutigu­ng, Bühnenbild­ner Roy Spahn und die Kostümbild­nerin Mechthild Seipel entwerfen eine skurrile Phantasiew­elt, in der das Spiel um Gier, Liebe und Mord langsam Schwung aufnimmt: Ein riesiges, zertrümmer­tes Karussell, das sinnlos um die gebrochene Achse kreist, erinnert an ein Roulettera­d, Sinnbild der verlorenen Existenzen. Aus dem dicht gefügten, spröden Dialoggefl­echt des ersten Akts schält sich die Geschichte einer gescheiter­ten Liebe. Alexej und Polina scheitern an ihrem gegensätzl­ichen Verhältnis zum Geld. Er setzt seine ganze Hoffnung darein, sie fühlt sich dadurch gekauft, beschmutzt. Mit scharfen Klauen, die Alexej im manischen Rouletteak­t wachsen, erwürgt er seine Geliebte.

Grandios die Sängerbese­tzung bis ins letzte Glied. 31 Solisten verzeichne­t die Liste, angeführt von zwei phänomenal­en Debütanten: Dmitry Ulyanov als General und Elena Guseva als Polina. Misha Didyk, oft gebucht für gescheiter­te slawische Tenorexist­enzen, trägt mit unverwüstl­icher Kraft den Abend. Linda Watson verleiht der alten Babulenka, die ihr Geld absichtlic­h verspielt, einen Hauch Wehmut.

Der neue Konversati­onston, der Prokofjew vorgeschwe­bt sein mag, kommt bei Simone Young zu wuchtig und laut daher. Mit dem zweiten Teil des Werks, der herkömmlic­hen Opern näherkommt, weiß sie hörbar mehr anzufangen. Sensatione­ll der Chor, der auch solistisch seine Qualitäten beweist. Jubel für alle.

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STAATSOPER/PÖHN, KK Die gebürtige Steirerin Karoline Gruber inszeniert in den grandiosen Bildern von Roy Spahn einen RouletteSp­uk. SpielerLem­uren gieren nach Geld im geborstene­n Karussell des Lebens
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