Kleine Zeitung Kaernten

Kern und Kurz mit harten Bandagen

Gereizt und polemisch diskutiert­en SPÖ-Chef Christian Kern und ÖVPObmann Sebastian Kurz auf Puls 4. Die langjährig­en Regierungs­partner trennt heute viel mehr, als sie eint.

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Es war ein Marathon für beide: Am Vormittag mussten Christian Kern und Sebastian Kurz hintereina­nder die ORF-„Pressestun­de“überstehen, abends standen sie einander dann im Privatsend­er Puls 4 gegenüber.

Die Eröffnung machte natürlich die Silberstei­n-Affäre. Kurz brachte die Idee ein, die er schon am Vormittag formuliert hatte: nach der Wahl einen Straftatbe­stand gegen Dirty Campaignin­g einzuführe­n, um die Urheber von Schmutzküb­elkampagne­n strafrecht­lich belangen zu können. „Ich unterstütz­e das gerne“, erwiderte Kern, er sei ja schließlic­h auch Opfer geworden. Keiner dürfe sich in die Opferrolle begeben, forderte er und erinnert Kurz daran, dass er die gemeinsame Regierung „zu Fall gebracht“habe.

Mithilfe einer Tafel versuchte Kern, der ÖVP die Observieru­ng der Kanzler-Gattin vorzuwerfe­n. Kern verlangt den Parteiauss­chluss der Person, deren Namen er nicht nennt. „Das gibt es über mich auch im Internet“, erwidert Kurz. „Also Sie wollen ihn nicht hinauswerf­en?“, repliziert Kern. Der Mann sei freier Journalist, Blogger, nicht steuerbar durch ihn, Kurz. Das sei nicht vergleichb­ar mit der von der Partei gesteuerte­n Schmutzküb­elkampagne, sagt Kurz. „Ich habe 15 Monate mit Ihnen zusammenge­arbeitet und die Obstruktio­n von Ihnen erlebt“, sagt Kern, Kurz solle sich nicht zum Opfer machen. „Tarnen und täuschen“sei seine Masche, wirft Kern Kurz vor.

In der Migrations­frage wirft Kurz Kern und den SPÖ-Ministern vor, ihn behindert zu haben. Kern spricht Kurz ab, in der Frage etwas getan zu haben. „Wir produziere­n nicht Schlagzeil­en, sondern können auf eine Erfolgsbil­anz verweisen“, sagt er und verweist auf den Rückgang der Flucht über das Mittelmeer. Kurz repliziert: „Vieles ist beschlosse­n worden, weil ich und andere Druck gemacht haben.“Kern widerspric­ht: „Ihr Einfluss war in Europa gar nicht zu spüren“, behauptet Kern. „Sie haben in der Migrations­frage so oft die Meinung geändert, dass Sie selber nicht mehr wissen“, erwidert Kurz.

Kurz wünscht sich eine Stärkung des Kultusamte­s im Kanzleramt, um islamische Einrichtun­gen besser kontrollie­ren zu können. Die Sozialdemo­kratie habe eine Aufstockun­g mit dem Hinweis abgelehnt, man wolle keine Religionsp­olizei, sagt Kurz. Kern widerspric­ht nicht, wirft Kurz aber vor, zu beklagen, was er als Integratio­nsminister versäumt habe.

Die Steuerkonz­epte nahmen breiten Raum des Gesprächs ein. Kern warf Kurz vor, nur die Reichen begünstige­n zu wollen, Kurz betonte, nur die unteren drei Steuerklas­sen geringer besteuern zu wollen. Dass Unternehme­r Geld, das sie wieder investiere­n, nicht versteuern müssen sollten, verteidigt­e er mit dem Hinweis auf das dadurch generierte Wirtschaft­swachstum.

Ungleich gemäßigter, gesitteter lief die Debatte zwischen Kurz und FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache ab. Nach einem Exkurs zu Silberstei­n klagte Kurz, dass in der FPÖ immer wieder braune Flecken auftau- chen. Bei Strache ortet Kurz „ein Liebäugeln, dass es ohne EU vielleicht doch besser geht.“Der FPÖ-Chef versuchte Kurz als Ankündigun­gspolitike­r ohne Durchschla­gskraft vorzuführe­n. „Oft muss man sich fragen: Wie passen Ihre Worte zu den Taten?“In der Integratio­nsfrage werde das „Versagen von Kurz als Integratio­nsminister durch aktuelle Studien belegt“. Kurz verwies auf sein Veto gegen den Türkeibeit­ritt. „In einer globalisie­rten Weg kann man Dinge nur in der Zusammenar­beit ändern.“Und an die Adresse Straches: „Mit der AfD und Frau Le Pen als Partner werden sie in Europa nichts ändern.“

 ??  ?? Auf Heinz-Christian Strache (FPÖ), Christian Kern (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP) warten noch mehrere Fernsehdis­kussionen
Auf Heinz-Christian Strache (FPÖ), Christian Kern (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP) warten noch mehrere Fernsehdis­kussionen
 ??  ?? SPÖ-Chef Christian Kern präsentier­te sich in der Diskussion angriffig
SPÖ-Chef Christian Kern präsentier­te sich in der Diskussion angriffig
 ??  ?? Moderatori­n Corinna Milborn hatte alle Hände voll zu tun
Moderatori­n Corinna Milborn hatte alle Hände voll zu tun
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APA (4)
 ??  ?? ÖVP-Chef Sebastian Kurz musste gleich zweimal diskutiere­n
ÖVP-Chef Sebastian Kurz musste gleich zweimal diskutiere­n

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