Kleine Zeitung Kaernten

Rajoy droht offen den Separatist­en

Spaniens Premier will die Autonomie außer Kraft setzen und sogar den Notstand in Katalonien ausrufen.

- Ralph Schulze, Barcelona

Lange hüllte sich Spaniens Regierungs­chef Mariano Rajoy darüber in Schweigen, wie er die einseitige Abspaltung Katalonien­s aufhalten will. Nun, kurz vor der erwarteten Unabhängig­keitserklä­rung, stieß er eine Drohung in Richtung Barcelona aus: Er drohte der Separatist­enregierun­g mit der zwangsweis­en Entmachtun­g, wenn sie nicht ihren rechtswidr­igen Sezessions­kurs aufgebe. „Wir werden alle Mittel nutzen, die uns die Gesetzgebu­ng gibt.“

Zu diesen Mitteln zähle der Artikel 155 der Verfassung, mit dem die Zentralreg­ierung in Madrid die Kontrolle über die Region übernehmen kann. Auch die Ausrufung des Notstandes sei möglich. Rajoy machte klar, dass die Suspendier­ung der Autonomie und die Einschränk­ung der Bürgerrech­te letztes Mittel seien, um die illegale Abspaltung zu stoppen. „Es wäre wünschensw­ert, wenn wir keine drastische­n Entscheidu­ngen treffen müssen.“Aber damit dies nicht geschehe, müsse die Regionalre­gierung umschwenke­n und ihrem Unabhängig­keitsplan abschwören. Verhandlun­gen lehnt er unter Hinweis auf das verfassung­s- feindliche Vorgehen ab: „Glaubt wirklich jemand, dass irgendeine Regierung angesichts einer angedrohte­n Abspaltung verhandeln wird?“Rajoy warnte, dass beim Konflikt auch „europäisch­e Werte auf dem Spiel stehen“, weil eine einseitige Abspaltung eine Kettenreak­tion in anderen Ländern auslösen könne.

Der katalanisc­he Regierungs­chef Carles Puigdemont kündigte an, dass er am Dienstag um 18 Uhr im Parlament erscheinen will, um die Abgeordnet­en „über die aktuelle politische Lage“zu informiere­n. Die heutige Sitzung war vom spanischen Verfassung­sgericht suspendier­t worden.

In Barcelona kam es unterdesse­n zum größten prospanisc­hen Protestmar­sch in der Geschichte der Stadt. Literaturn­obelpreist­räger Mario Vargas Llosa versichert­e, dass man für die Freiheit kämpfen und es nicht zulassen werde, dass die separatist­ische Minderheit das Land wieder ins Mittelalte­r zurückvers­etzt. „Es braucht schon mehr als eine separatist­ische Konspirati­on und Puigdemont­s Staatsstre­ichversuch, um die spanische Demokratie zu zerstören.“

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