Überraschende Folge des Nahostkonflikts: USA verlassen die Unesco. Auch Israel tritt aus der Kulturorganisation aus.
Regierung von Donald Trump bricht mit der UN-Kulturorganisation. Man störe sich an ihrer israelfeindlichen Haltung und ortet „grundlegenden“Reformbedarf der Unesco. Auch Israel will austreten.
Ein schwerer Schlag für die Unesco – und das in einer überaus heiklen Phase: In einer Woche, in der die Kulturorganisation der Vereinten Nationen mit einem neuen Generaldirektor die Weichen justieren wollte, gaben die USA nun ihren Austritt aus der Unesco mit Jahresende 2017 bekannt. Danach kündigte auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Austritt an.
Das US-Außenministerium in Washington begründete den Schritt gestern unter anderem damit, dass die Organisation eine „grundlegende Reform“benötige und in zunehmendem Maße antiisraelische Positionen vertrete. In den letzten Jahren wurde das Wirken der Unesco immer wieder von Streit vor Hintergrund des Nahostkonflikts überschattet. Nach der Aufnahme Palästinas in die Organisation hatten die USA 2011 ihre Zahlungen an die UN-Kulturorganisation gestoppt, dabei wären sie mit Abstand der größte Beitragszahler. Im Sommer sorgte die Entscheidung, die Altstadt von Hebron zum palästinensischen Weltkulturerbe zu erklären, für Empörung in Israel – und offenbar auch bei der USRegierung.
Der Unesco-Exekutivrat stimmt noch diese Woche in Paris über die Nachfolge der amtierenden Chefin Irina Bokowa ab. Dabei gibt es ein heftiges Tauziehen. Im Exekutivrat der UN-Kulturorganisation lagen am Mittwoch der katarische Kandidat Hamad bin Abdulasis al-Kawari und die französische Ex-Ministerin Audrey Azoulay gleichauf. Beide erhielten 18 der 58 Stimmen – nötig ist eine absolute Mehrheit von 30 Stimmen. Auf Platz drei lag die ägyptische Bewerberin Moushira Khattab mit 13 Stimmen. Daneben waren noch die Kandidaten Chinas und des Libanons im Rennen. Der Sieger benötigt dann noch die Zustimmung der Unesco-Generalkonferenz am 10. November.
Noch-Generaldirektorin Bokowa bedauerte die Entscheidung beider Länder. Der Austritt sei für „die Familie der Vereinten Nationen“und für den Multilateralismus ein Verlust. Die Entscheidung der USA sei ihr von Außenminister Rex Tillerson mitgeteilt wordem den, so Bokowa weiter. Der Schritt sei ihrer Regierung nicht leichtgefallen, erklärte Sprecherin Heather Nauert. Man störe sich aber an der israelfeindlichen Haltung und an Zahlungsrückständen in der Organisation.
Dass es in der Unesco brodelt, sprach die libanesische Kandidatin Vera El Khoury Lacoeuilhe offen an: Die Unesco müsse „die Überpolitisierung reduzieren, die aus ihr manchmal ein Pulverfass gemacht hat“. Bekannt ist die Organisation mit 2100 Mitarbeitern und dreistelligem Millionen-Etat vor allem für ihre Arbeit zum Weltkulturerbe. Die wohl größte Herausforderung für den neuen Chef dürfte es aber sein, politische Spannungen in den Griff zu bekommen.