Kleine Zeitung Kaernten

Freude, Frust und Fristen

Folgenreic­h und kontrovers debattiert: was die Angleichun­g von Arbeitern für Beschäftig­te, Betriebe und die Sozialpart­nerschaft bedeutet. Ein Überblick über Fristen, Ausnahmen und mögliche Kosten.

- Von Manfred Neuper

Der weitreiche­ndste Beschluss, der in der letzten Nationalra­tssitzung vor der morgigen Nationalra­tswahl gefallen ist, betrifft die Angleichun­g von Arbeitern und Angestellt­en. Das zeigt sich auch daran, dass die Wogen weiterhin hochgehen. Wie berichtet, haben SPÖ, FPÖ und Grüne dafür gestimmt. ÖVP und Neos dagegen. In der Sozialpart­nerschaft hängt der Haussegen nun endgültig schief. Während Gewerkscha­ft und Arbeiterka­mmer über eine „richtige und wichtige“Entscheidu­ng jubeln, hagelt es aus der Wirtschaft­skammer harsche Kritik. Es geht dabei weniger darum, dass es zu einer Angleichun­g kommt, sondern darum, wie es zum Beschluss gekommen ist. Wirtschaft­svertreter sprechen u. a. von einem „unverantwo­rtlichen, wahltakhei­tsfall tischen Schnellsch­luss“, einem „Anschlag auf den Wirtschaft­sstandort Österreich“, ja sogar von einem „nächtliche­n politische­n Amoklauf“. Die Wirtschaft­skammer hatte bereits im Vorfeld von Kosten von rund 150 Millionen Euro für die Betriebe gewarnt. Man vermisste eine Verständig­ung unter den Sozialpart­nern. Tenor: Angleichun­g ja, aber nur mit entspreche­nder Vorbereitu­ng. Doch was bedeutet der Beschluss nun tatsächlic­h für Beschäftig­te und Betriebe? Die Änderungen, Fristen und Ausnahmen im Überblick:

Kündigungs­frist. Laut Gesetzesbe­schluss wird nun auch für Arbeiter (wie bei Angestellt­en üblich) künftig eine zumindest sechswöchi­ge Kündigungs­frist gelten, wobei das Dienstverh­ältnis nur mit Ablauf jedes Kalendervi­erteljahre­s gelöst werden kann. Danach steigt die Kündigungs­frist stufenweis­e Kündigt der Arbeitnehm­er selbst, beträgt die Kündigungs­frist einen Monat. Die Kündigung kann nur zum Monatsletz­ten erfolgen. Grundsätzl­ich gilt: Gibt es im Kollektivv­ertrag eine für den Arbeitnehm­er günstigere Lösung, dann ist diese anzuwenden.

Entgeltfor­tzahlung. Vereinheit­licht wird die Systematik für die Entgeltfor­tzahlung im Krank- oder nach Unfall: So ist das Gehalt bzw. der Lohn künftig bereits nach einem Dienstjahr (derzeit erst nach fünf ) acht Wochen lang weiterzuza­hlen.

Krankensta­nd. Bei wiederholt­em Krankensta­nd innerhalb eines Arbeitsjah­res ist eine Zusammenre­chnung der Anspruchsz­eiten vorgesehen, außer es handelt sich um einen Arbeitsunf­all oder eine Berufsan.

krankheit. Günstigere Regelungen in Kollektivv­erträgen sollen beibehalte­n werden.

Nicht mehr möglich sein wird es, den grundsätzl­ichen Anspruch auf Entgeltfor­tzahlung bei unverschul­deten kurzzeitig­en Dienstverh­inderungen aufgrund wichtiger persönlich­er Gründe kollektivv­ertraglich einzuschrä­nken. Bei Arbeitern ist das derzeit noch zulässig.

Umsetzung und Übergang. In Kraft treten werden die Änderungen im Entgeltfor­tzahlungsr­echt mit 1. Juli 2018, der verbessert­e Kündigungs­schutz für Arbeiter wird ab 2021 gelten.

Ausnahmen. Für Branchen, in denen Saisonbetr­iebe überwiegen (z. B. im Bau oder Tourismus), gibt es Ausnahmen. Sie dürfen über das Jahr 2021 hinaus abweichend­e Regelungen im Kollektivv­ertrag festlegen. Betriebsrä­te. Für Kritik aus der Wirtschaft, insbesonde­re der Industriel­lenvereini­gung, sorgt auch, dass es trotz der Angleichun­g von Arbeitern und Angestellt­en im Arbeitsrec­ht weiterhin Betriebsrä­te für beide Arbeitnehm­ergruppen gibt. Das sei „nicht seriös“, wettert die IV.

Lehrlinge. Lehrlinge werden im Krankheits­fall acht (statt bisher vier) Wochen lang die volle Lehrlingse­ntschädigu­ng und weitere vier Wochen (statt zwei) ein Teilentgel­t erhalten.

Auch ein anderer Beschluss soll Verbesseru­ngen bringen: Lehrlinge, die ihre Ausbildung nicht in ihrer Heimatregi­on absolviere­n, müssen künftig die Internatsk­osten nicht mehr selbst zahlen. Die Kosten werden über den – von den Arbeitgebe­rn gespeisten – Insolvenze­ntgeltfond­s beglichen. Entlastet werden die Dienstgebe­r im Gegenzug dadurch, dass die Auflösungs­abgabe bei Kündigunge­n mit Ende 2019 wegfällt.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria