„Anfoch a oasch Ergebnis“
In den letzten Jahren mauserte sich die Partei zu Europas erfolgreichsten Grünen. Der Höhenflug fand gestern sein jähes Ende.
Als der grüne Balken bereits kurz nach seinem Start zum Halten kommt, wird es totenstill. Ein paar einsame Klatscher verhallen im Großraum des Metropol Theaters im 16. Wiener Bezirk, in dem die Grünen den Wahlausgang feiern wollten. Doch nun blicken sie fassungslos auf die Leinwand. Auch die Gesichtszüge von Bundessprecherin Ingrid Felipe frieren kurz ein, dann versucht sie ein tapferes Lächeln.
Die Grünen fallen in den Hochrechnungen zuerst auf 4,9 Prozent, dann auf 3,9 und damit unter die für den Nationalrat notwendigen vier Prozent. Am Ende des Abends werden es 3,3 Prozent sein. „Dieses erste Ergebnis macht uns alle sehr betroffen“, erklärt Felipe sicht- niedergeschlagen im Lichtkegel der Kameras. Über das gute Abschneiden von ÖVP und FPÖ zeigt sie sich fassungslos: „Es macht schon nachdenklich, was in unserer Republik los ist.“Nun werde man sich in Ruhe ansehen, wo Fehler passiert sind. „Bleibt bitte da, gemeinsam schaffen wir das“, lautet ihr Appell an die anwesenden Unterstützer. Eine junge Anhängerin wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
Mit dem Wahlergebnis findet der vierjährige Höhenflug der Oppositionspartei ein jähes Ende. Bei der Wahl 2013 wurde ein Rekordergebnis von 12,4 Prozent eingefahren, Regierungsbeteiligungen in den Bundesländern folgten. Und als mit Alexander Van der Bellen ein Grüner in die Hofburg einzog, konnten viele Grüne ihr Glück kaum fassen. Doch dann ging es bergab. Parteichefin Eva Glawischnig warf das Handtuch und Urgestein Peter Pilz trat mit einer eigenen Liste an.
Dennoch zeigte man sich im Metropol bis zur ersten Hochrechnung kämpferisch. „Ich gehöre zu den Optimisten, mit acht bis neun Prozent rechne ich schon“, erklärte der Wiener Gemeinderat Martin Margulies. Als die zweite Hochrechnung den Grünen 3,9 Prozent bescheinigt, bricht es aus ihm heraus: „Anfoch a Oasch-Ergebnis.“Es seien viele Fehler paslich siert, nun müsse man schauen, „wie viele davon hausgemacht sind“. Die Noch-Nationalratsabgeordnete Alev Korun gibt sich kämpferisch: „Noch sind nicht alle Stimmen gezählt. Natürlich würde ich es schade finden, wenn wir nicht mehr im Nationalrat sind“, erklärt sie. „Aber wir sind in den Ländern vertreten und werden weiter für unsere Themen kämpfen.“
Während die Sängerin der engagierten Band den Song „What a Wonderful Day“in den halb leeren Saal singt, steht Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek an
den Pulten diverser TV-Sender in der Hofburg und schaut nachdenklich zu Boden, wenn sie nicht am Wort ist. Ist sie es doch, wird sie deutlich: „Das ist ein Debakel, eine schwere Niederlage und eine große Enttäuschung.“Nun gelte es, die Partei wieder aufzubauen.
Bei Peter Pilz, der dabei oft neben ihr steht, sucht an diesem Abend kaum jemand die Schuld. „Ich glaube, dass uns nicht die Abspaltung geschadet hat, sondern die Diskussion darum“, erklärt Margulies und geht kopfschüttelnd davon.