Kleine Zeitung Kaernten

Die Grünen schaffen es nicht

Knapp vor Mitternach­t kam die Gewissheit: Nach Auszählung der Briefkarte­nstimmen liegen die Grünen nur noch bei 3,8 Prozent und schaffen den Einzug ins Parlament nicht.

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Salzburg war das Schlusslic­ht: Erst knapp vor Mitternach­t lag endlich das vorläufige Endergebni­s inklusive der Briefwahl-Stimmen vor. Die Prognose des Sora-Instituts bestätigte sich: Die Grünen werden im künftigen Nationalra­t nicht vertreten sein. Statt wie prognostiz­iert 3,9 konnten sie nur 3,8 Prozent der Stimmen erreichen und verfehlten so die Grenzmarke für die Aufnahme in den Nationalra­t, die mit vier Prozent definiert ist. Eine weitere Annahme des Prognosein­stituts, das für den ORF die Hochrechnu­ngen erstellte, erwies sich als richtig. Die Annahme, dass die SPÖ knapp vor der FPÖ über die Ziellinie gehen würde, hielt der Auszählung stand. Weiters zeigte sich, dass letztlich überrasche­nd in Wien die ÖVP knapp vor der FPÖ lag. Zuletzt kam die ÖVP in der Bundeshaup­tstadt auf 21,54, die FPÖ auf 21,45 Prozent.

Die Wahlsieger ruhten sich am Tag nach der Wahl aus. Die ÖVP-Gremien tagen erst heute Abend. Die FPÖ tut das seit den Tagen ihres Parteichef­s Jörg Haider immer. Blauer Montag heißt der Brauch, sich am Tag nach der Wahl weder zu äußern noch Sitzungen abzuhalten. Die Liste Pilz traf sich kurz und beschloss, in den kommenden Tagen eine Klausur abzuhalten, wie im Übrigen auch die Neos.

Die SPÖ hingegen stürzte sich schon am ersten Tag nach der Wahl in Grundsatzd­ebatten. Nach heftigen Aussagen des Wiener Bürgermeis­ters Micha- Häupl, die seine Ablehnung einer Zusammenar­beit mit der FPÖ bestärkten, schien sich eine Kluft zwischen ihm und Bundeskanz­ler Christian Kern aufzutun. Der hatte Verhandlun­gen mit den Blauen nicht ausgeschlo­ssen. Er habe keine Bedenken gegen Gespräche mit den Freiheitli­chen, präzisiert­e Häupl, wohl aber gegen eine Koalition mit ihnen. In den Parteigrem­ien bekräftigt­e die SPÖ ihren „Wertekompa­ss“. „Wir wollen keine Türe zuschlagen, das haben wir heute klargemach­t“, sagte SPÖ-Chef Christian Kern nach der Sitzung. Und Häupl: „Selbstvers­tändlich sind wir dafür, dass mit allen geredet wird.“Das Präsidium plädierte einstimmig für solche Verhandlun­gen, im Vorstand stimmten zwei Vertreter der Jugendorga­nisationen dagegen. Die Partei sprach Kern einstimmig das Vertrauen aus.

Ex-Bundeskanz­ler Franz Vranitzky (SPÖ) übte Kritik am Wahlkampf seiner Partei. „Da wäre mehr drin gewesen“, sagte er dem „profil“. Im Umfeld des Kanzlers seien „leider sehr problemati­sche Charaktere aufgetauch­t“, sagte Vranitzky und kritisiert die Auswahl der Mitarbeite­r Kerns. Auch hätte dieser bereits im Jänner Neuwahlen ausrufen sollen, sagt Vranitzky, dem auch die Diskussion über eine mögliche Zusammenar­beit mit der FPÖ nicht gefällt.

Einen Auftrag zur Regierungs­bildung dürfte Kurz frühestens am kommenden Freitag erhalten, da erst am Donnerstag das amtliche Endergebni­s vorliegen wird. Für heute hat Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen die Bundesregi­erung zu sich geladen. Sie wird dem Präsidente­n formell ihren Rücktritt anbieten und von diesem gebeten, bis zur Angelobung der neuen Regierung weiterzuar­beiten. Diese Woche will Van der Bellen auch seine Sondierung­sgespräche mit den Parlaments­parel

teien in Hinblick auf eine Regierungs­bildung beginnen.

Das Debakel der Grünen könnte verheerend­e finanziell­e Folgen für die Partei haben. Sollten die Grünen, wie die letzten Hochrechnu­ngen andeuten, nach 31 Jahren aus dem Parlament fliegen, würden sie um 8,9 Millionen Euro Fördergeld­er umfallen. Nach einer teuren Bundespräs­identenwah­l, für die es keine Wahlkampfk­ostenersta­ttung gab, und den hohen Kosten für die Nationalra­tswahl steht die Partei vor einem Schuldenbe­rg. Die Landespart­eien können der Bundespart­ei aus rechtliche­n Gründen nicht helfen, da die Landesmitt­el meist zweckgebun­den vergeben werden. Außerdem stehen den Landesgrup­pen selbst Wahlkämpfe bevor.

Gratulatio­nen an den Wahlsieger kamen auch aus Brüssel, Berlin und anderen Hauptstädt­en. Kurz, der oft EU-kritische Töne angeschlag­en hatte, erhielt ein Gratulatio­nsschreibe­n von EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker. Auch die deutsche Bundeskanz­lerin, die Kurz wiederholt wegen ihrer Flüchtling­spolitik kritisiert hatte, reagierte gelassen auf seinen Sieg. Sie mache sich „nicht so dramatisch­e Sorgen“über mögliche Konflikte mit dem neuen Amtskolleg­en. „Da ist manches mehr rhetorisch­er Qualität“, sagte Merkel. Der Wahlsieg von Kurz stärkt Merkels Partnerpar­tei, die CSU, und erschwert die Koalitions­gespräche in Berlin.

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