Angst herrscht nach der Bluttat in Stiwoll. Polizei sucht mit Hubschraubern und Hunden fieberhaft nach dem Flüchtigen.
Hunderte Polizisten jagen den mutmaßlichen Doppelmörder: Fluchtauto in einem Wald bei St. Pankrazen sichergestellt. Polizei erstellt Gefährdungsliste.
Ein Ort steht unter Schock. Und es geht die Angst um in Stiwoll, der 730-Einwohner-Gemeinde am westlichsten Rand des Bezirkes Graz-Umgebung. Seit Sonntag ist nichts mehr so, wie es vorher war, bevor auf dem Anwesen von Friedrich F. (66) die tödlichen Schüsse gefallen sind.
Ein Lokalaugenschein, Montagmorgen. Die Volksschule und der Kindergarten sind geschlossen. In der Schule reden Psychologen mit den Lehrern. Sie sollen vorbereitet sein, wenn später die Schüler zu dieser Tragödie Fragen stellen. Der Ort selbst ist menschenleer. Nur wer zur Arbeit muss, ist unterwegs. Sonst bleiben die Leute in ihren Häusern.
„Wir alle haben Angst“, sagt Bürgermeister Alfred Brettenthaler. „Auch ich“, fügt er mit leiser Stimme hinzu.
Nicht nur in der Gemeinde – weit über die Grenzen Stiwolls hinaus war Friedrich F. als Querulant und als Spinner bekannt. Diese Bluttat hat ihm aber niemand zugetraut. Doch jetzt fürchtet man sich davor, dass es weitere Opfer geben könnte.
„Die Polizei hat mit unserer Hilfe eine Gefährdungsliste erstellt“, erzählt der Bürgermeister. „Darauf stehen Personen, mit denen der Flüchtige Wickel hatte.“Seitens der Polizei bestätigt man, dass auf bestimmte Personen besonders „aufgepasst“werde. Auch Gebäude, wie etwa das Landhaus, das Straflandesgericht, sogar eine Firma in Gnas, werden bewacht.
Stiwoll selbst gleicht am Tag nach der Bluttat einer Festung. Polizisten mit Helmen und Schutzwesten stehen schwer bewaffnet an den Ortseinfahrten, halten Fahrzeuge an und kontrollieren die Kofferräume. Im Gemeindeamt ist die örtliche Kommandozentrale eingerichtet. „Sie steht in ständiger
Verbindung mit dem Einsatzstab in der Landespolizeidirektion“, erklärt Polizeisprecher Leo Josefus.
Zwei Polizeihubschrauber kreisen über den Wäldern. In der Luft und auf dem Boden machen die Spezialeinheiten Jagd auf den mutmaßlichen Doppelmörder. Dann, am frühen Vormittag, ein erster Fahndungserfolg. Die Mannschaft der Flugeinsatzstelle Graz hat vom Helikopter aus das Fluchtfahrzeug entdeckt. Es steht mitten im Wald, in einem Hohlweg bei St. Pankrazen, etwa 15 Kilometer vom Tatort entfernt. Der Gesuchte hat es dort versperrt abgestellt. Es scheint, ganz gezielt. „Der führt noch etwas im Schilde“, befürchten einige Polizisten. „Der hat sich umgebracht“, vermuten andere.
Die Polizei hat bereits Sonntag am Tatort das Handy des Todesschützen sichergestellt. Darauf sind Fotos von vier Hochsitzen abgespeichert. Und diese Hochsitze befinden sich in der Umgebung, in der das Fluchtfahrzeug entdeckt wurde. Die Cobra rückt mit zwei Panzerfahrzeugen an, in einem der Wagen befindet sich der zuständige Aufsichtsjäger. Er führt die Spezialisten zu den Hochständen. Auch der Fluchtwagen wird durchsucht.
Man vermutet den Todesschützen noch in der Gegend. An der Straßengabelung Geistthal/St. Pankrazen wurde F. Sonntag nach der Tat zuletzt gesehen. Mit Spürhunden durchstreifen Polizisten den Wald, Objekte werden durchsucht. F. bleibt verschwunden.
Inzwischen steht fest: Bei der Tatwaffe handelt es sich um ein Kleinkalibergewehr und nicht, wie anfangs vermutet, um ein Jagdgewehr. Woher die Waffe stammt, ist ungeklärt. Die Obduktion ergab: Adelheid H. (55) wurde von drei, Gerhard E. (64) von zwei Projektilen getroffen. Martina Z. (68), die am linken Oberarm getroffen wurde, konnte noch flüchten.