Bald starb auch die Hoffnung
Der Anfang vom Ende des Kohlebergbaus im Lavanttal: Am Allerheiligentag 1967 kamen bei einem Grubenunglück fünf Männer ums Leben. Wenig Monate später waren 1200 Menschen arbeitslos.
Von Angst spricht keiner der Überlebenden. Und doch liest man sie aus jeder Zeile ihrer Schilderungen heraus, die in den Tagen nach dem Unglück in der Kleinen Zeitung veröffentlich wurden: „Dann kam der Rauch. Dick, dass man ihn hätte schneiden können. Weg! Hinaus! Wir ließen alles liegen, Jause, Kleider. Wenn unser Weg noch 20 Meter länger gewesen wäre, hätte ich es nicht mehr geschafft.“
Für fünf Bergmänner kam jede Hilfe zu spät. Sie starben am Allerheiligentag 1967, heute vor 50 Jahren, beim schwersten Grubenunglück der jüngeren Kärntner Geschichte. Der Brand im Kohlebergbau Wolkersdorf im Lavanttal war gegen 7 Uhr in mehr als 300 Meter Tiefe ausgebrochen. Die Ursache ist bis heute unklar. Man vermutet einen Defekt an ei- nem Förderband, ausgelöst durch ein steckengebliebenes Stück Kohle.
Durch die Katastrophe ging die Hälfte der Abbaue in Wolkersdorf verloren. Das schon zuvor absehbare Aus für die defizitäre verstaatliche Lavanttaler Kohlebergbau-Gesellschaft (LAKOG) kam deshalb schneller als befürchtet. Am 31. März 1968 war Schluss. 1200 Menschen verloren ihren Job, was die gesamte Region für fast zwei Jahrzehnte in eine tiefe wirtschaftliche Krise stürzte. Zum Vergleich: 1968 waren österreichweit 1,8 Prozent der Menschen arbeitslos – im Bezirk Wolfsberg schnellte ihr Anteil auf 15 Prozent hinauf.
Die Bergleute aus dem Lavanttal waren Globalisierungsopfer. „Billiges Gas und Erdöl hatten die Kohle als Energieträger abgelöst“, sagt Nikolaus Sifferlinger, Professor an der Montanuni Leoben. Er ist Sohn eines Lavanttaler Bergmanns und hat die aktuelle Sonderausstellung „Glück auf, Bergleut!“im Museum im Lavanthaus maßgeblich mitgestaltet. Sie erinnert an das Grubenunglück ebenso wie
Billiges Gas und Öl haben damals Kohle als Energieträger
abgelöst.
Nikolaus Sifferlinger
an die Zeiten, in denen die Männer, die das „schwarze Gold“förderten, und die Frauen in den angeschlossenen Betrieben noch als Helden der Nation gefeiert wurden.
„Am 23. Dezember 1947 hat sich Bundeskanzler Leopold Figl in einem Telegramm für eine Sonntagsschicht der Bergleute von St. Stefan bedankt“, weiß Sifferlinger. Die Kohle befeuerte den Wiederaufbau Österreichs. Aber als das Wirtschaftswunder blühte, wurden die unrentabel gewordenen Bergwerke zum Problem. „Man hat nichts mehr investiert, keine Leute mehr aufgenommen. Diese Rahmenbedingungen haben den Job immer gefährlicher gemacht, es gab Jahre mit 400 Unfällen im Bergwerk“, sagt Sifferlinger.
Den Betroffenen blieb das nicht verborgen. Angst hatten sie aber nur vor der Arbeitslosigkeit, wie in der Kleinen Zeitung nach der Katastrophe von 1967 zu lesen ist. „Mit dem Bergmannstod müssen wir immer rechnen“, wird dort ein Lavanttaler zitiert. „Viel schlimmer ist die Ungewissheit, ob wir weiterarbeiten können.“