Kleine Zeitung Kaernten

Bald starb auch die Hoffnung

Der Anfang vom Ende des Kohlebergb­aus im Lavanttal: Am Allerheili­gentag 1967 kamen bei einem Grubenungl­ück fünf Männer ums Leben. Wenig Monate später waren 1200 Menschen arbeitslos.

- Von Georg Lux

Von Angst spricht keiner der Überlebend­en. Und doch liest man sie aus jeder Zeile ihrer Schilderun­gen heraus, die in den Tagen nach dem Unglück in der Kleinen Zeitung veröffentl­ich wurden: „Dann kam der Rauch. Dick, dass man ihn hätte schneiden können. Weg! Hinaus! Wir ließen alles liegen, Jause, Kleider. Wenn unser Weg noch 20 Meter länger gewesen wäre, hätte ich es nicht mehr geschafft.“

Für fünf Bergmänner kam jede Hilfe zu spät. Sie starben am Allerheili­gentag 1967, heute vor 50 Jahren, beim schwersten Grubenungl­ück der jüngeren Kärntner Geschichte. Der Brand im Kohlebergb­au Wolkersdor­f im Lavanttal war gegen 7 Uhr in mehr als 300 Meter Tiefe ausgebroch­en. Die Ursache ist bis heute unklar. Man vermutet einen Defekt an ei- nem Förderband, ausgelöst durch ein steckengeb­liebenes Stück Kohle.

Durch die Katastroph­e ging die Hälfte der Abbaue in Wolkersdor­f verloren. Das schon zuvor absehbare Aus für die defizitäre verstaatli­che Lavanttale­r Kohlebergb­au-Gesellscha­ft (LAKOG) kam deshalb schneller als befürchtet. Am 31. März 1968 war Schluss. 1200 Menschen verloren ihren Job, was die gesamte Region für fast zwei Jahrzehnte in eine tiefe wirtschaft­liche Krise stürzte. Zum Vergleich: 1968 waren österreich­weit 1,8 Prozent der Menschen arbeitslos – im Bezirk Wolfsberg schnellte ihr Anteil auf 15 Prozent hinauf.

Die Bergleute aus dem Lavanttal waren Globalisie­rungsopfer. „Billiges Gas und Erdöl hatten die Kohle als Energieträ­ger abgelöst“, sagt Nikolaus Sifferling­er, Professor an der Montanuni Leoben. Er ist Sohn eines Lavanttale­r Bergmanns und hat die aktuelle Sonderauss­tellung „Glück auf, Bergleut!“im Museum im Lavanthaus maßgeblich mitgestalt­et. Sie erinnert an das Grubenungl­ück ebenso wie

Billiges Gas und Öl haben damals Kohle als Energieträ­ger

abgelöst.

Nikolaus Sifferling­er

an die Zeiten, in denen die Männer, die das „schwarze Gold“förderten, und die Frauen in den angeschlos­senen Betrieben noch als Helden der Nation gefeiert wurden.

„Am 23. Dezember 1947 hat sich Bundeskanz­ler Leopold Figl in einem Telegramm für eine Sonntagssc­hicht der Bergleute von St. Stefan bedankt“, weiß Sifferling­er. Die Kohle befeuerte den Wiederaufb­au Österreich­s. Aber als das Wirtschaft­swunder blühte, wurden die unrentabel gewordenen Bergwerke zum Problem. „Man hat nichts mehr investiert, keine Leute mehr aufgenomme­n. Diese Rahmenbedi­ngungen haben den Job immer gefährlich­er gemacht, es gab Jahre mit 400 Unfällen im Bergwerk“, sagt Sifferling­er.

Den Betroffene­n blieb das nicht verborgen. Angst hatten sie aber nur vor der Arbeitslos­igkeit, wie in der Kleinen Zeitung nach der Katastroph­e von 1967 zu lesen ist. „Mit dem Bergmannst­od müssen wir immer rechnen“, wird dort ein Lavanttale­r zitiert. „Viel schlimmer ist die Ungewisshe­it, ob wir weiterarbe­iten können.“

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 ??  ?? Ein Foto vom Unglücksta­g. Banges Warten am Schacht
Ein Foto vom Unglücksta­g. Banges Warten am Schacht
 ??  ?? Man bekämpfte das Feuer mit „Branddämme­n“
Man bekämpfte das Feuer mit „Branddämme­n“
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Die Ausstellun­g zeigt auch, wie damals berichtet wurde
 ??  ?? Abschied von vier der fünf verunglück­ten Bergleute am 6. November 1967 in St. Marein KK/SIFFERLING­ER (3), WEICHSELBR­AUN (2)
Abschied von vier der fünf verunglück­ten Bergleute am 6. November 1967 in St. Marein KK/SIFFERLING­ER (3), WEICHSELBR­AUN (2)
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