Im Auftrag der Wähler
183 Abgeordnete treten heute nach der Wahl im Parlament zusammen. Darunter elf Kärntner, von denen vier zum ersten Mal zu Mandatsehren kommen.
1 Um 10 Uhr konstituiert sich heute der neu gewählte Nationalrat. Was passiert da genau?
ANTWORT: „Land der Berge, Land am Strome“, heißt es zu Beginn. Die Bundeshymne erklingt im Ausweich-Sitzungssaal in der Hofburg. Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) wird die Sitzung der 26. Gesetzgebungsperiode eröffnen. Der erste Punkt auf der Tagesordnung ist die Angelobung der 183 Abgeordneten.
2 Wie läuft diese Angelobung ab?
ANTWORT: Formal gilt der „Eintritt in den Nationalrat“seit Mitternacht. Die „Wahlscheine“trafen im Parlament ein. In der Sitzung spricht jeder Abgeordnete die Gelöbnisformel „Ich gelobe“, zum Teil ergänzt um eine religiöse Erklärung wie „So wahr mir Gott helfe“. So versichern die Mandatare Treue zur Republik und Verfassungsgesetzen. Zum Schluss wird applaudiert. Traditionell werden florale Zeichen gesetzt: rote Rosen bei der SPÖ, weiße bei der ÖVP oder blaue Kornblumen mit rotweiß-roter Schleife bei der FPÖ.
3 Nach der Angelobung der Abgeordneten wird das Nationalratspräsidium gewählt. Sind Überraschungen möglich?
ANTWORT: Das ist nicht zu erwarten. Dass die ÖVP Elisabeth Köstinger als Nationalratspräsidentin nominiert (möglicherweise als Übergangslösung), sorgt für Kritik. Die anderen Parteien werden sie gemäß den Usancen wohl trotzdem unterstützen. Man werde das Vorschlagsrecht „im Großen und Ganzen akzeptieren“, sagt der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. Unfriedenheit auch ÖVP-intern: Karlheinz Kopf (bisher Zweiter Präsident) ist „enttäuscht“, dass er weichen muss. Er ist mit 23 Jahren im Parlament jetzt längstdienender Abgeordneter. Zu den Wahlvorschlägen gibt es eine Debatte im Plenum.
4 Wann übernimmt die voraussichtlich neue Präsidentin den Vorsitz?
ANTWORT: Gleich nach ihrer Wahl. Doris Bures hält noch eine kurze Abschiedsrede und übergibt dann den Vorsitz an Elisabeth Köstinger. Nach einer Antrittsrede der neuen Präsidentin werden Zweiter und Dritter Präsident des Nationalrates gewählt. Die SPÖ nominiert Bures, die FPÖ erneut Norbert Hofer. Die Wahl mit Stimmzetteln erfolgt geheim. Wer eine Mehrheit der gültigen Stimmen erhält, ist gewählt.
5 Was steht noch auf der Tagesordnung?
ANTWORT: Die Wahl der Schriftführer und Ordner. Gewählt werden auch die je 21 Mitglieder für Hauptausschuss und die ständigen Ausschüsse für Unvereinbarkeit, Immunität und Budget. Die ÖVP wird in diesen Ausschüssen jeweils sieben, SPÖ und FPÖ je sechs, Neos und Liste Pilz je einen Abgeordneten stellen. Fachausschüsse werden erst in einer der nächsten Sitzungen fixiert.
6 Wie viele der 183 Abgeordneten sind neu im Parlament?
ANTWORT: 86 Mandatare ziehen neu ein. Die Frauenquote steigt von 31 auf knapp 34 Prozent. Nur sechs Abgeordnete haben einen Migrationshintergrund. Überproportional stark ist der Einfluss der Bauern: Der ÖVP-Bauernbund stellt 16 Mandatare im Nationalrat.
7 Wer sitzt bei der heutigen Sitzung auf der Regierungsbank?
ANTWORT: Die bleibt leer, weil das ein rein parlamentarischer Akt ist. Viele Noch-Regierungsmitglieder werden aber als Abgeordnete angelobt. So etwa von der SPÖ Bundeskanzler Christian Kern, Pamela Rendi-Wagner, Thomas Drozda, Alois Stöger, Jörg Leichtfried und Muna Duzdar. Seit gestern fix: Hans Peter Doskozil wird Finanzlandesrat im Burgenland. Kern wurde von der SPÖ mit 100 Prozent zum Klubobmann gewählt. ÖVP-Chef Sebastian Kurz erhielt von seinem Klub 97,5 Prozent Zustimmung. Geschäftsführender ÖVPKlubchef wird August Wöginger. Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Matthias Strolz (Neos) haben schon Routine. Angelobt werden auch Hans Jörg Schelling, Wolfgang So-
botka und Andrä Rupprechter. Die Liste Pilz hat nach dem Rückzug von Peter Pilz einen Klubobmann gefunden: Peter Kolba, langjähriger VKI-Konsumentenschützer, übernimmt die Funktion interimistisch.
8 Regierungsmitglied und gleichzeitig Abgeordneter. Ist das überhaupt möglich?
ANTWORT: Ja, de jure schon. Früher war das auch üblich. Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) war gleichzeitig immer Abgeordneter. Jetzt legen Mitglieder einer neuen Regierung ihr Mandat im Normalfall zurück, haben aber eine Art Rückkehrrecht ins Parlament.
9 Warum hat der Sitzungssaal 192 Sitze, obwohl es nur 183 Abgeordnete gibt?
ANTWORT: Das hat laut dem Parlamentsexperten Werner Zögernitz zwei Gründe: Symmetrie und Praktikabilität. „Mit den 192 Sesseln hat das symmetrisch besser zusammengepasst.“Zum anderen hat man mit den freien Sitzen Platz, wenn etwa behinderte Abgeordnete einen Assistenten brauchen.