Adolf Winkler über die Steuerflucht der Guten
Heroen wie Bono und die Queen, Hamilton und Nike tricksen bei den Steuern ganz legal. An der globalen Vermögensversteck-Industrie wirken auch EU-Staaten ungeniert mit.
Die Schätzungen differieren um die Kleinigkeit von einigen Billionen Euro, aber gut und gerne ein Zehntel des globalen Geldvermögens relaxt unter Palmen. Auf der diskreten Kapitalkreuzfahrt von Aruba und Anguilla in der Karibik bis Tonga und Vanuatu im Südpazifik, von den britischen Kaiman- zu den Jungferninseln herrscht fröhliche Feierlaune. 225 Milliarden USDollar, so rechnet das Tax Justice Network, entzieht man dort jährlich der Weltgemeinschaft an Steuern, die sie für Schulen und Kindergärten, Spitäler und Entwicklungshilfe bitter benötigen würde. 60 Milliarden Euro Steuern werden so jährlich der EU entzogen, 17 Milliarden Deutschland, eine Milliarde Euro büßt Österreich ein.
Steuerflucht von Mafiabanden, geldwaschenden Drogenhändlern und Waffenschiebern, korrupten Politikern und ausbeuterischen Firmenbossen war man ja schon gewohnt. Nun aber spülen die Paradise Papers von offshore auch lauter Gute ans Ufer. U-Boote randvoll mit Vorbildern der Weltöffentlichkeit, Heroen der Zeit, stranden im Licht der Wahrheit.
Früher mussten Sportmillionäre wie Boris Becker noch umständlich nach Monaco übersiedeln, um die Finanz zu null abzuservieren. Formel-I-Star Lewis Hamilton genügte ein Landeanflug auf der britischen Isle of Man, um vier Millionen Umsatzsteuer für seinen neuen US-Jet zu sparen. „Völlig legal“hat auch Bono, der Rockstar für die Besserung der Welt, über die EU-Länder Malta und Litauen und einen kurzen KaribikUmweg seine Tantiemen steuerfrei investiert. Queen Elizabeth II., die jeden Kindergarten herstreichelt, finanziert diskret und steuerschonend in Mittelamerika ein Einkaufszentrum, das Ratenzahlern mit Wucherzinsen drüberfährt. Apple bleibt mit einer gigantischen Milliarden-Steuerschuld in Irland unbehelligt. Nike hat einen Steuerdeal mit Holland, um von dort Milliarden ins Steuerparadies Bermuda zu verschieben.
Überhaupt haben die Niederlande, in Sichtweite der EUKommission, 4000 Steuersonderregelungen mit multinationalen Konzernen. Bei so viel ungenierter staatlicher Mittäterschaft von der EU bis nach Delaware in den USA braucht sich die Vermögensversteck-Industrie ausgekochter Investmentund Steuerprofis wie Appleby, die auch Uber und Facebook beraten, nicht zu sorgen. Die Großmeister des Offshore-Business, die auf den 28.000 Einwohner zählenden Jungferninseln 500.000 Firmen unterbringen, spielen mit Finanzministern D Katz und Maus. er Ruf nach einer schwarzen Liste für steuerlich ungehorsame Länder ist berechtigt, taugt aber wohl höchstens als moralischer Wink. Eine globale Gesetzmäßigkeit könnte vielleicht eher über gezielten Bannstrahl gegen digitale Leitungen der unredlichen Schlupflöcher durchgesetzt werden. Doch in Wirklichkeit trifft man sich nicht einmal bei einer alles erfassenden minimalen Transaktionssteuer. Da taucht vorher auch noch ein künftiges Krypto-Währungssystem ab ins Steuer-Darknet.