„Das kann ein Bewusstsein schaffen“
INTERVIEW. Petra Kronberger will als Damensport-Konsulentin des ÖSV das Thema „sexualisierte Gewalt“im Sport in Angriff nehmen.
Welchen Aufgabenbereich umfasst Ihre Funktion im Österreichischen Skiverband?
PETRA KRONBERGER: Ich bin seit zwei Jahren beim ÖSV als Konsulentin für den Damensport tätig, wobei das Hauptaugenmerk im Bereich Ski alpin liegt. Ich sehe mich hier als Ansprechperson für praktische Themen wie Ausbildung, Versicherung, Medienschulung und so weiter, aber natürlich auch für emotionale Fragen. Wenn eine Sportlerin über ein Thema reden will, höre ich mir das an, wir sprechen darüber und wir schauen gemeinsam nach Lösungen. Dazu bedarf es großen persönlichen Vertrauens, das mit der Zeit aufgebaut wird.
Ist das Interesse an solchen Gesprächen in diesen zwei Jahren gestiegen?
Ja, das Interesse nimmt stetig zu und die Gespräche werden zusehends offener.
Waren Sie im Zuge Ihrer Tätigkeit schon mit dem Thema „sexualisierte Gewalt“konfrontiert?
Ich beschäftige mich schon länger damit, und es ist ein sehr sensibles Thema, das einen sorgsamen Umgang erfordert. Es gibt da eine Broschüre vom Verein „100 Prozent Sport“, die Übergriffe im Sport behandelt. Es ist ein sehr sachliches Handbuch, das Tipps für den Umgang mit solchen Situationen gibt. In einem schon seit längerer Zeit geplanten Gespräch mit Präsident Peter Schröcksnadel werden wir uns damit auseinandersetzen. Wir bleiben an diesem Thema dran.
Wo fängt „sexualisierte Gewalt“Ihrer Meinung nach an?
In einer weiten Definition können sexuelle Belästigungen Worte sein oder bestimmte Gesten. Ich denke aber, dass jeder Fall individuell zu sehen und zu behandeln ist. Die eine Athletin trifft etwas Bestimmtes mehr als die andere. Das spürt man dann aus dem Gespräch heraus.
Wie haben Sie die Erfahrungen von Nicola Werdenigg auf- und wahrgenommen?
Ich war überrascht, dass es dazu gekommen ist, finde es aber sehr mutig von ihr und halte es auch für wichtig, dass sie an die Öffentlichkeit gegangen ist. Es hat mich aufgewühlt und erschüttert.
Wie sehr kann der Bericht einer ehemaligen Rennläuferin den Skisport erschüttern? Glauben Sie, dass sie damit eine Lawine losgetreten hat?
Das ist schwer zu sagen, welche Wellen es weiter schlagen wird, aber nun ist das Thema öffentlich. Vielleicht schafft es ein neues Bewusstsein, was den Respekt und die Sicherheit im Umgang miteinander betrifft.
Der ÖSV wird von Männern dominiert. Im gesamten alpinen Betreuerteam des Skiverbandes gibt es nur eine einzige Trainerin. Sehen Sie darin eine grundsätzliche Problematik?
Ich wurde ja geholt, um die Position der Frauen im Verband zu stärken. Frauen sprechen in vielen Bereichen eine andere Sprache, um es mit den Worten von Präsident Schröcksnadel zu formulieren. Frauen reagieren auch anders auf gewisse Situationen. Es wäre sicher wünschenswert, würde es mehr Betreuerinnen im österreichischen Skisport geben. Frauen kommunizieren mit Frauen anders, können sich in gewisse Frauenthemen besser reinfühauch
len, was aber nicht heißen soll, dass es keine Trainer gibt, die dafür geeignet sind. Es wäre aber auf alle Fälle schön, wenn sich mehr Frauen für diese Jobs interessieren würden.
Das heißt, es mangelt auch an Interesse?
Der Trainerjob ist auch harte Arbeit, das sehe ich zum Beispiel bei Corina Stocker (die einzige Trainerin, Anm.). Es ist auf jeden Fall eine große Herausforderung.
Präsident Peter Schröcksnadel wird im „Standard“so zitiert, dass „damals sicher andere Zeiten“herrschten. Wie sehr haben sich im Bereich der „sexualisierten Gewalt“die Zeiten geändert?
Es war wohl eine andere Zeit, aber man muss diese Thematik in ihrer Gesamtheit betrachten. Wie sehr es in der Vergangenheit zu Übergriffen gekommen ist, kann ich nicht sagen. Hier ein Pauschalurteil abzugeben, maße ich mir nicht an.
Welche Erwartungen setzen Sie in das Gespräch mit Präsident Schröcksnadel zum Thema sexualisierte Übergriffe im Sport?
Wir müssen klare Strukturen schaffen. Es geht darum, zu klären, mit welchen Personen Betroffene in einem zweiten Schritt Kontakt aufnehmen können. Sie müssen erfahren, wo und wie professionelle Hilfe zu bekommen ist.