Jeder ist eine Insel – Lob der Einsamkeit
Advent kommt von Adventus Domini, „Ankunft des Herrn“. Zeit, den abendländischen Heimatschützern der Marktwirtschaft gehörig die Leviten zu lesen.
Die Welt wird bald acht, neun Milliarden Menschen zu tragen haben. Und wenn, laut biblischem Bericht, den Nachfahren von Adam und Eva die Erde und ihre Güter zum Gebrauch und Verzehr, doch gleichzeitig auch zur Pflege übergeben wurden, so sind der Raubbau und die Verschmutzung ein hässliches Symbol dafür, dass die Meere, die Luft, die Fauna und Flora der Hab- und Fressgier des Homo sapiens zum Opfer fallen. Es ist, bei vielmillionenfachem Hungertod auf Erden, doch so, als ob ein Heuschreckenschwarm sich rund um den Globus niedergelassen hätte. Das sollte die Einsamkeit zu einem mehrfachen Symbol werden lassen.
Viele fürchten, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis die wuchernde Menschheit sich schon aufgrund ihrer Zahl, ihrer Unzahl in neue weltweite Kriege stürzen wird, mit geopolitischen oder religiösen Argumenten, hinter denen die Panik vor nicht mehr vorhandenen Lebensmitteln im ursprünglichen Sinne des Wortes steht. Andere fürchten die Einsamkeit, die aus der Masse aufsteigt. Wir können einander nicht mehr anschauen, wir halten einander nicht mehr aus, wenn neben uns einer stirbt, steigen wir über ihn hinweg und gehen weiter. Dies jedenfalls ist das albtraumhafte Bild einer Einsamkeit in der Masse, die einst, im Zeitalter des Humanismus, der Aufklärung und eines christlich inspirierten Sozialismus, zur Solidargemeinschaft zwanglos zusammenwachsen wollte.
Einsamkeit – das Wort klingt längst nach einer menschlichen Lage des Mangels. Dass einer einsam sein möchte, hat nichts Gutes zu bedeuten. Gleich fragen die anderen: „Willst du darüber reden?“Man nötigt den Möchtegerneinsamen sanft: Wie wär’s mit ein wenig „abhängen“nach Dienstschluss? Wichtiger wäre wohl, auf die Botschaft aus der Tiefe der Zeiten zu achten. Fast alle modernen Einsamkeitsszenarien sind negativ besetzt, die Einsamen oder Vereinsamten deshalb nicht „gesellig“oder „unter Menschen“, weil ihnen Umgänglichkeit fehlt oder Charme oder auch nur ein einigermaßen
M attraktives Äußeres. an findet – so die heutige Fama – diese Unleidlichen zu Hause, vergraben in ihrem TV-Fauteuil, stumpfsinnig zwischen Junkfood und nicht selten „abgefüllt“mit billigem Fusel. Man findet sie als deprimierte Dauergäste auf halbpornografischen Dating-Portalen, welche durch die Illusion billiger Intimität das Gefühl des Alleinseins im Universum nur verstärken, selbst wenn eine kurzfristige Erleichterung der Libido statthaben sollte. Man findet die Einsamen auf ihrer letzten Lebensetappe, schlaff, dickleibig und altersrunzlig geworden, als die Hagestolze und Mauerblümchen in den Altersheimen, wo sie gar nicht oder nur dauernörgelnd an den Seniorengymnastiken, geselligen Veranstaltungen und bunten Abenden teilnehmen.
So das heute dominierende Einsamkeitsstereotyp. Oft gut gemeint, beläuft es sich auf eine Herabwürdigung von Menschen, die es ohnehin nie leicht gehabt haben mochten im Leben. Außerdem verbirgt sich dahinter eine Art des Gleichheitsdenkens, das in Wahrheit auf einem Gleichschaltungsdiktat beruht: Wer nicht an der Gemeinschaft gemäß den herrschenden Spielregeln teilnimmt, verhält sich asozial. Es sei denn, es handelt sich um einen Angehörigen der „oberen Zehntausend“und jener Ausnahmemensch genießt den Adel des Geldes oder der Geburt. Das Recht auf Einsamkeit ist heute ein Positionsgut derer, die sich in ihren schwer bewachten Luxusvillen und Parkanlagen verschanzen.
A ber so war es nicht immer, auch wenn die gute Einsamkeit schon immer ein Privileg besonderer Menschen war. Es waren traditionell die großen spirituellen Gestalten, die prophetischen Geister und Religionsgründer, die immer wieder die Einsamkeit suchten und sich zu diesem Zweck eine Zeit lang fernab vom menschlichen Gewimmel aufhielten. Denn diese Besonderen, darunter merkwürdige Heilige und stinkende Einsiedler wie der heilige Antonius, der in seiner angeblich von schrecklichen Visionen geplagt wurde, suchten Einkehr in ihrer eigenen Seele, hielten stille Zwiesprache mit den höheren Mächten oder verharrten in der höchsten Fülle des Seins, die dem flüchtigen Betrachter abstoßend anmuten mochte: als ein stumpfsinniges Starren ins Nichts.
Wer der jeweiligen Zivilisation, vom Rudelblick aus betrachtet, in eine Eigenwelt entfloh, der war – im Unterschied zum Einsamen aus harter Berufspflicht oder Überlebensnot: dem Schafhirten, Waldläufer oder einschichtigen Köhler – ein Lebenskünstler, ein Philosoph. Bis heute sprichwörtlich ist die Schule des Epikur, der um 341 vor Christus auf der Insel Samos geboren wurde und 271/70 in Athen starb. Der altgriechische Denker zog sich mit seinen Getreuen in einen Garten zurück, um dort, abseits vom Getümmel und den Launen der vielen, seine Art von Eudämonie,
D „Glückseligkeit“, zu leben. as richtige Wort für diesen Lebensstil, der sich allen bacchantischen Festlichkeiten und Umtrieben verweigerte, ist wohl: gesellige Einsamkeit. Eudämonie – das ist die Ethik des gebildeten Geistes, der um die Schmerzen und Gefährdungen des besinnungslosen Lebens weiß, um die Maßlosigkeit der Dummheit und die Schärfe der Affekte, die immer nur im Elend des unbefriedigten und unbefriedeten Lebens enden. Also zieht sich der Weise mit den Seinen in einen Garten zurück, worin er seine maßvollen, bescheidenen Freuden, darunter nicht nur die des Leibes, sondern vor allem des Geistes, ungestört kultivieren darf.
Jener Garten wird als Hortus conclusus des Christentums wiederkehren. Nun ist der still in sich verschlossene Raum der begnadete Leib der Gottesmutter. Marias Einsamkeit wird von den größten Künstlern, allen voran Leonardo da Vinci, in großen Verkündigungsbildern und dann, von weniger großen, auf Altarwerken, angereichert mit intimer Symbolik, dargestellt: als eine von der groben AußenHöhle welt abgeschlossene, eingefriedete Gartenlandschaft mit Lilien und dornenlosen Rosen, aber auch als ein eingefriedetes „Paradiesgärtlein“mit Akeleien,
D Veilchen, Maiglöckchen. iese europäische Tradition des guten einsamen Lebens, ob in der Form der epikureischen Glückseligkeit oder der allerinnigsten Freude jungfräulicher Empfängnis hat mit dem Hedonismus unserer Tage nichts zu schaffen. Dieser ist eine verzweifelte, weil unerfüllbare Sehnsucht nach einem Glück, von dem der große „Umwerter aller Werte“, Friedrich Nietzsche, dichtete: „Denn alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit.“Es ist ein Rennen ohne Ende. Die Jagd nach Konsumgütern hätte der aristokratische Leidensmann Nietzsche indessen verabscheut, erst recht das von findigen Geschäftemachern angestiftete, gemetzelartige Fassen nach Billiggütern – Stichwort: Black Friday.
Aber die Kehrseite der hochgemuten Zurückgezogenheit von den vielen, den viel zu vielen, ist eben ein Hochmut, der leicht in Menschenverächterei umschlägt: Man verachtet alle Vergnügungen, die dem sprichwörtlichen „kleinen Mann“, dem Proleten und Kleinbürger, das mühselige, langweilige Leben erleichtern, auch wenn dabei der Blutdruck steigt und Lunge, Leber und Galle zuschanden werden. Ja, nicht selten passiert es, dass die künstlichen Erleichterungen im Drogenelend, dem Zerbrechen der
Das Burn-out als
Epochenkrankheit Familie oder gar beim Selbstmord enden. Und es ist eine Scheinheiligkeit, vom hohen Ross wohlstandsgesättigter, medizinischer oder lebenskünstlerischer Moral herab den Alleingebliebenen, der von seiner Umgebung, ja seinen Nächsten nicht mehr ertragen wird, dafür zu verachten. Es sind die flutenden Ängste derer, die weder ein noch aus wissen, wodurch eine Helpline-Kultur aller Spielarten, ob bei Gewalt,
S Sucht oder Armut, entsteht. o formuliert, klingt der Wunsch nach Einsamkeit paradox. Wenn einer zu den Menschen und zur Welt finden will, dann soll er dorthin gehen, wo man sie findet – nach draußen! Aber die Sache ist persönlicher. Noch heute überfällt mich von Zeit zu Zeit das Bedürfnis nach jener freudvollen Einsamkeit, die ich, der nie einen Kindergarten besuchte, erleben durfte. Zog ich mich mit meinen Büchern zurück, dann nicht, um mich einzukapseln: Nie war meine Welt so lebendig, nirgendwo habe ich so viel über den Kosmos menschlicher Gefühle und über das Drama mitmenschlicher Begegnung gelernt, wie aus meinen Märchen- und Sagenbüchern – in jenen stillen Stunden, da die Welt draußen blieb, damit sie mir hinterher umso näher sein konnte.
Manchmal, wenn ich diese Zeit meiner „Initiation“gegenüber meinen Studenten erwähne, antworten sie mir, dass ihnen eine produktive Existenzform des Rückzugs eigentlich nur mit ihren Computern und Handys möglich scheint. Trotzdem werde ich neugierig gefragt, was ich denn gelesen hätte. Soll ich dann schwadronieren und irgendwelche sogenannten Klassiker vorschieben? Nein, meine literarischen Leitsterne waren zunächst „populäre“Autoren, allen voran Karl May. Old Shatterhand, Hadschi Halef Omar und Winnetou haben mich über die edlen Seiten der Condition humaine belehrt, andere Figuren über das Abgründige am Menschen.
Dasjenige hingegen, was ich augenzwinkernd meine reifere Lektüre nenne, bestand, exemplarisch gesprochen, im Werk Marcel Prousts, seiner „Suche nach der verlorenen Zeit“. Die dort prägenden Gestalten sind längst antiquiert, „eingemottet“, weshalb die Erinnerung an sie den Raum des Jetztmenschlichen sprengt. Nur dort, an den Orten jener „verlorenen Zeit“, tat sich mir eine seelische Weite auf. In meinen abgeschirmten Leseecken wurde mir der Raum des Menschlichen nicht engund
D kleingeredet. ie Wendung, dass niemand eine Insel sei, ist im Deutschen populär geworden durch den Titel eines Romans von Johannes Mario Simmel aus dem Jahr 1975. Doch sie hat ihren Ursprung in einigen berühmten Versen aus der „Meditation XVII“des großen englischen Dichters John Donne, gestorben 1631: „No man is an island, / entire of itself …“Niemand ist eine Insel, ganz für sich selbst. Donne hat „island“noch „Iland“geschrieben, was unserem Wort „Eiland“entspricht und im Englischen auch als „Ich-Land“gelesen werden kann.
Im Zeitalter des Diskurses und der Globalisierung lässt sich daraus flugs ableiten, dass in allem, was einer sagt oder tut, quasi schon immer alle anderen mit drin stecken. Aus dem IchLand wird ein Überall-Land und aus dem Individuum ein Netzwerk, ein Funktionsknoten im umschließenden, unabschließbaren Raum des Sozialen. Das gilt selbst noch für „Nerds“, die ein eingeigeltes Dasein führen, stets umgeben von globaler Elektronik. Dass ein Mensch bei und mit sich selbst sein will, wird nur in Ausnahmefällen toleriert, etwa infolge eines Schicksalsschlags. Damit wird freilich außerdem bedeutet, dass es sich um eine hoffentlich vorübergehende Isolation handle, ansonsten ein Psychotherapeut die Absonderungshaltung auflösen sollte.
Hinzu kommt: Die aktuell als lebenstüchtig geltende Form der Eigenbezüglichkeit, die zugleich einen Ausweg aus dem permanent drohenden Existenzüberdruss bieten soll, fußt – in zugespitzter Form – auf dem Mobilitätsmotto: „Erfinde dich täglich neu!“Das ältere Ideal der Selbstverwirklichung setzte die Vorstellung eines sinnreichen Persönlichkeitshorizontes voraus. Diesem über alle Abirrungen des Lebens zuzustreben, war die zentrale Tugend der Vita activa, des tätigen Lebens, gemäß der Goethe’schen Zusicherung, die Faust von „oben her“zuteilwird: „Wer immer strebend sich bemüht, den können
I wir erlösen.“m Selbstverwirklichungsdenken schwingt mit, dass jeder Mensch ein Wesen – in religiöser Sprache: eine Seele – habe. Deshalb bedarf, bei allen sozialen Hilfestellungen, die Entfaltung und Vollendung des Individuums auf Erden auch der produktiven Einsamkeit. Nur wem im Bildungs-, Familienund Arbeitsbetrieb zugestanden wird, nicht bloß aus sich herauszugehen, sondern gleichsam auf sich selbst hinzuleben, der wird die rechte Einstellung und Hinneigung zur Welt erringen.
Solche Betrachtungsweise hat mittlerweile humanistische
Patina angesetzt. Denn die nunmehr bestimmende Vision, sich selbst „neu zu erfinden“, postuliert entschieden, dass es kein entwicklungsbedürftiges Wesen der Person gebe. Bereits Anfang der 1980er-Jahre hat Botho Strauß in „Paare, Passanten“dem „Zuschauer-Zeitgenossen“attestiert: „Durch die Überfülle von Identifikationsangeboten müsste er, wäre er noch das Individuum vom alten Schlag, längst spaltungsirre, durch die haltlose Verschleuderung seiner Mitgefühle an die gegensätzlichsten Parteien müsste er längst abgestumpft und fühllos geworden sein.“
Wo Wesenlosigkeit herrscht, dort wird die Kreation von Persönlichkeitsmoden, die kaum eine Saison lang halten, zu einem Grundphänomen des außengeleiteten Selbstseins. Politisch ist eine derartige Umtriebigkeit nicht neutral. Die Lust am Gesinnungswechsel gerät zum Kriterium eines Scheins von staatsbürgerlicher Autonomie. An die Stelle von Gesinnung, Wertebindung und Loyalität tritt einerseits das Wechselwählersyndrom, andererseits missgestimmte Abkehr vom „Öffentlichen“überhaupt. Willkommen
A im neuen Biedermeier! m 9. Juni 1963 vermerkt Ernst Jünger, gerade mit den letzten Vorbereitungen zu einer großen Auslandsreise beschäftigt, in seinem Altersjournal „Siebzig verweht“: „Martin Heidegger, der anscheinend zur Zeit alte Chinesen liest, schreibt mir, dass man sich am besten in seinem Zimmer aufhalten, ja nicht einmal aus dem Fenster schauen soll.“Kein nationales Heil mehr, stattdessen das Gewimmel der angemaßt Unschuldigen … Tatsächlich trug, nach 1945, Heideggers Gebaren Züge einer Abkapselung gegen alles, was die junge Demokratie zu bieten hatte. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass es sich um die weltverdrießliche „Besinnung“eines großen Einzelnen handelte. Im Nachkriegswohlleben werden stattdessen massengenormte, veräußerlichte Formen der „Selbstfindung“treten.
Angesichts des inneren Ausgebranntseins, des Burn-outs, das zu einer Epochenkrankheit avanciert, bietet der Seelenmarkt unterschiedlichste Wellnessund Entspannungsszenarien zur Vorbeugung und Therapie. Das reicht vom Raum der Stille inmitten eines Ruheresorts über das wochenlange Durchschreiten spiritueller Wanderwege bis zu spartanischen Schweigeaufenthalten in abgelegenen buddhistischen Klöstern. Mit jener Art von Sammlung und Muße, welche einst zur Norm gehobenen Menschseins gehörten, haben die kommerzialisierten, außengelenkten Innerlichkeitstechniken wenig zu schaffen.
Während der Büchermarkt seit vielen Jahren vor psychologischen Ratgebern überquillt, scheint ein Entfremdungssyndrom die alltäglichen Beziehungen immer stärker zu überformen. „Oberflächen, Oberflächen, Oberflächen – das war alles, worin sich eine Bedeutung finden ließ“, heißt es bei Bret Easton Ellis, dem Autor der Yuppie-Generation. Die „mitmenschliche“Beziehung bleibt ein Oberflächenphänomen gerade dort, wo es um die angeblich großen Gefühle geht. „Oh my God!“, schrillt es uns aus den TV-Serien entgegen, um die Fangemeinde auf Emotionstiefgänge
U mitzunehmen. nd deshalb liest man, bei aller Erzählakrobatik und Themenexotik, auch nicht mehr so gerne selbst ein Buch. Lieber rudelt man sich beim Lesefest zusammen. Gemeinsam mit Gleichgestimmten vor dem Autor hingelagert, erhebt dessen „singuläre“Stimme einen Anspruch, der im stillen Kämdie merlein – nur der Autor und sein Leser – bloß nervös machen würde. Die Welt im Netz hält ja nicht still, und im Grunde ist eines wie das andere: Oh my God!
Ich möchte allerdings keine moralinsaure Ermahnung aussprechen, „wieder mehr selbst zu lesen“. Vielmehr möchte ich ein Lob jenes innigen Bei-sichVerweilens anstimmen, welches uns erst wahrhaft zu uns selbst kommen lässt. Erst jenseits unseres ständigen Einbezogenseins in die Funktionsmasse des „Man“werden wir empfänglich für das tiefere Sein unserer Mitmenschen. Wenn es nach mir ginge, würde ich daher einem grundlegenden Begriffswandel das Wort reden: Dass niemand eine Insel ist, mag wahr sein. Und doch hat jeder etwas, was früher „Seele“hieß,
I und ist daher ein Eiland. ch weiß nichts vom Unsterblichen, aber es geht hier um jenes uns Eigene, von dem Arthur Schnitzlers Ehemänner, lauter Betrüger und Betrogene, immerhin wissen, es sei ein „weites Land“. Dieses zu bereisen, setzt voraus, sich nicht im Sozialen zu verlieren – eine Gabe und Begabung, die Peter Handke (unser Weltdichter, der soeben seinen 75. Geburtstag feierte) auf seine Weise festhielt: „Am Nachmittag fielen ein paar Blätter / von den Akazien / / Und am Abend schwankte die Lampe / im leeren Esszimmer“. Es ist Handkes „Tageslauf in einem Sommergarten“– so der Titel des Gedichts –, den ich uns wünsche, auch wenn gerade alle Bäume entlaubt sind und der Frost aufzieht.
Die nunmehr bestimmende Vision, sich
selbst ‚neu zu erfinden‘, postuliert entschieden, dass es kein entwicklungsbedürftiges Wesen der Person gebe.