Meine Lieben und ich spielen jetzt DLT
Schriftsteller bekommen kein Weihnachtsgeld, also müssen sie es auch nicht ausgeben. Ich liefere dem Handel wenig Ursache, zufrieden zu sein, weder als Produkt noch als Konsument. Meinetwegen müssen die Handelsangestellten keine Tabletten schlucken. Auch heuer wieder saß ich in aller Ruhe zu Hause und bastelte die Geschenke für meine Lieben selber.
Da sich etliche meiner Familienangehörigen und Freunde im Online-Delirium eine Renaissance der Brettspiel-Epoche wünschten, habe ich einfach eines erfunden: Es heißt DLT, Das Literarische Talent, und funktioniert so ähnlich wie das gute alte DKT, auch das Spielbrett ist ganz ähnlich. Da gibt es schöne Städte: Berlin, Frankfurt, Darmstadt, München, Leipzig, Zürich, Wien, Salzburg und, jawohl: Klagenfurt! Jede Stadt bietet Kästchen für Verlag, Redaktion, Theater, und statt der Wasserkraftwerke und Flughäfen gibt es Literaturhäuser, Buchhandlungen, Buchmessen und Festivals. Wer ein Verlagsfeld würfelt, darf – statt ein Haus zu kaufen - ein Buch publizieren (sprich: eine putzige Plastikbuchattrappe hinstellen). Erwischt ein Mitspieler das Feld, muss er bezahlen. Die Preise sind höchst unterschiedlich…
A propos: Es gibt auch die beliebten „Chance“und „Risiko“-Kärtchen, nur heißen sie bei DLT „Preise“und „Negative Compaining“bzw. „Versenkung“. Zum Beispiel: „Du bist auf die Short-List gekommen: Rücke vor auf das PR-Feld und lass dich interviewen und filmen. Drei Runden lang doppelte Einkünfte!“Oder: „Du hast den Bachmannpreis gewonnen. Gehe zum Start und behebe 25.000 Euro.“So herrliche Karten gibt es etliche, allerdings lassen sie sich schlecht mischen, und mein Spiel sieht subtile Möglichkeiten vor, sie zu zinken. Und Achtung bei den Versenkungskarten: „Du verzichtest darauf, auf Facebook Tiere, Landschaften, Gemüse und Urlaubsfotos zu posten: Setze eine Runde aus!“„Du verzichtest darauf, dich außerliterarisch interessant zu machen: Zwei Runden aussetzen!“„Dein Lobbyist hat einen neuen Liebling: Setze fünf Runden aus!“– „Du hast einen oder mehrere der einflussreichen Machtadabeis im Betrieb beleidigt: Disqualifikation! Weg mit Kind und Kegel!“
Alle Details kann ich leider nicht verraten, erst muss ich den Prototyp patentieren lassen. Nur so viel: Wir spielen schon tagelang begeistert. Einer hat gemeint: „Das Schönste an DLT ist: Man muss weder lesen noch schreiben können!“