Kleine Zeitung Kaernten

„Ich will nicht Politik mit der Kunst machen“

Gernot Blümel ist nun offiziell „Bundesmini­ster im Kanzleramt für EU, Kunst, Kultur und Medien“. Der enge Vertraute von Sebastian Kurz über Pluralismu­s, Personalia und kurze Leinen.

- Von Michael Jungwirth

Herr Minister, was qualifizie­rt Sie für das Amt des Kulturmini­sters?

GERNOT BLÜMEL: Geprägt bin ich durch mein Philosophi­estudium. Dieser Blickwinke­l auf die Welt hat mich immer schon sehr fasziniert. In der Antike gab es noch das Schöne, Wahre, Gute. Das waren objektiv austauschb­are Begriffe. Durch die kopernikan­ische Wende ist das Ding nicht mehr hundertpro­zentig erkennbar. Ohne diese Veränderun­g wäre keine Demokratie möglich.

Für Sie ist Kunst das Gute, Wahre, Schöne?

Überhaupt nicht, ich bin ein überzeugte­r Demokrat und habe deshalb eine große Affinität zum Einzelnen, zur Würde des Ichs. Das passt extrem gut zur zeitgenöss­ischen Kunst.

Wo sieht man Sie am ehesten? Theater, Museen, Popkonzert­e?

Überall, aber sehr gern in der Oper.

„Zeit für Neues“– gilt dieser Slogan auch für die Kulturpoli­tik?

In der österreich­ischen Kulturpoli­tik ist viel Gutes passiert, medienpoli­tisch im Vergleich dazu gar nichts. Wir bauen auf dem auf, was da ist. Mir ist wichtig, dass das Geld bei den Künstlern ankommt und nicht in teuren Strukturen versickert.

Was heißt das konkret für die Bundesthea­ter? Ist eine Neuaufstel­lung der Holding angedacht?

Es gab viele Ungereimth­eiten, und die Frage ist: Sind die schon ausgeräumt? Das schauen wir uns jetzt im Detail an.

Wird es eine personelle Erneuerung geben?

Für mich sind die Rahmenbedi­ngungen entscheide­nd, nicht Personalie­n. Ich will nicht Politik mit der Kunst und Kultur machen, sondern Politik für Kunst und Kultur.

Nicht nur die Bundesthea­ter, auch das Bundesdenk­malamt soll umstruktur­iert werden?

Ich muss Ihnen dieselbe Antwort geben. Ich bin seit einer Woche im Amt. Ich muss mir erst ein genaues Bild machen.

Im Regierungs­programm heißt es, man will weg vom Gießkannen­prinzip. Stehen alle Kulturförd­erungen auf dem Prüfstand?

Nein, denn vieles ist zweckgebun­den und funktionie­rt auch gut. Dennoch muss man ständig hinterfrag­en, ob das Geld so ankommt, dass die Künstler auch Kunst schaffen können.

Sie sind auch Medienmini­ster. Wollen Sie den ORF künftig straffer führen?

Nein, es geht darum, Rahmenbedi­ngungen zu schaffen, damit es in Zukunft eine pluralisti­sche Medienwelt gibt. Da geht es um weit mehr als nur um den ORF. Man sollte zwei Schritte weiter denken. Die Herausford­erung ist nicht die Konkurrenz zwischen Privaten und Öffentlich­en, sondern die Konkurrenz durch Google, Facebook, Youtube. Wie schafft man es, dass es in zehn Jahren noch österreich­ische Inhalte im Digitalen gibt? Entscheide­nd ist, dass sich der ORF zu einem Partner der Privaten entwickelt.

Was heißt das konkret?

Wenn die Entwicklun­g so weitergeht, wird es kaum noch einen heimischen Medienkonz­ern geben, der digital wettbewerb­sfähig ist. Es gehen zwar die Werbevolum­ina hinauf, da-

von profitiere­n die österreich­ischen Medien kaum. Eine Idee wäre eine gemeinsame Vermarktun­gsplattfor­m. Der ORF soll ein Schuhlöffe­l für die privaten im digitalen Raum sein – ein Paradigmen­wechsel.

Bleibt Wrabetz General?

Das ist drei, vier Schritte zu weit gedacht. Zuerst muss man wissen, wohin die Reise geht. Mir schweben eine Enquete, ein strukturie­rter Dialog vor. Dann gibt es ein neues ORF-Gesetz. Ein Schritt nach dem anderen.

Was sagen Sie zum Vorwurf, Sie wollten den ORF personell an die Leine nehmen?

Das ist gänzlich ohne Substanz.

Künftig fällt die Veröffentl­ichungspfl­icht für Ausschreib­ungen, die bisher in der „Wiener Zeitung“erschienen. Ist das das Ende dieses Traditions­mediums?

Ich bin mir der Verantwort­ung sehr wohl bewusst, es ist die älteste Tageszeitu­ng der Welt. Die Pflichtver­öffentlich­ung ist aber eine reine Schikane für die Unternehme­n, das ist nicht mehr argumentie­rbar. Das bedeutet, dass die Finanzieru­ngsgrundla­ge der „Wiener Zeitung“wegfällt.

Das Interesse am Fortbestan­d der Zeitung ist gegeben?

Absolut, nur muss man sich was Neues überlegen.

In Ihrem Büro hier hängen keine Bilder. Was werden Sie aufhängen? Klimt oder Pollock?

Ich will das Kanzleramt für zeitgenöss­ische Künstler öffnen – und auch mein Büro. Ich will auch Philosophe­n einladen.

Unter dem Titel „Philosophi­e im Kanzleramt“?

Das wäre ein guter Titel für die Veranstalt­ungsreihe.

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„Der ORF soll ein Schuhlöffe­l für die Privaten sein“: Blümel

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