Kleine Zeitung Kaernten

„Man kann Kärntnern Neue Musik zumuten“

INTERVIEW. Doppeltes Jubiläum: Die „Gesellscha­ft für Neue Musik“wird vierzig. Und seit vier Jahrzehnte­n wird sie von Bruno Strobl geleitet. Ein Gespräch über Erfolge und Mühen.

- Von Marianne Fischer

Seit vierzig Jahren gibt es in Kärnten die Internatio­nale Gesellscha­ft für Neue Musik (IGNM). Das wird mit dem Wiener Akusmonium gefeiert. Was kann man sich darunter vorstellen?

BRUNO STROBL: Die elektroaku­stischen Stücke, von denen einige gerade erst bei Wien Modern uraufgefüh­rt worden sind, werden mithilfe von verschiede­nen Lautsprech­ern abgespielt. Mit Reglern sendet man die Klänge an diese Lautsprech­er und kann das Stück so interpreti­eren. Denn die Klangfarbe hängt dabei davon ab, wo im Raum die Lautsprech­er angebracht sind, aus welchem Material, wie etwa Holz, sie sind oder welche Form sie haben. Es wird auch Ihr neues Stück „Gesselkopf“aufgeführt. Ja, für mein Stück zum Beispiel habe ich nur Kontrabass-Klänge und ein paar synthetisc­he Klänge verwendet. Die Kontrabass-Klänge waren aber nur Ausgangsma­terial, im Studio wurden daraus wieder ganz eigene Klänge entwickelt. Und daraus baut man dann das Stereo-Stück, das von demjenigen, der das Akusmonium spielt, interpreti­ert wird.

Hat es so etwas Ähnliches in Kärnten jemals gegeben? Nein, sicher nicht. Deshalb machen wir vor dem Konzert auch eine Einführung.

Sie leiten die die Kärnten-Sektion der IGNM seit Anbeginn. Wie kam es damals dazu? Ich war im Jahr 1976 bei einem Chorkurs bei Dieter Kaufmann und habe damals wieder Interesse bekommen, selbst zu komponiere­n, und auch nach Möglichkei­ten gesucht, wieder Anschluss zu finden. Kaufmann war im Vorstand der Österreich­ischen IGNM und er wollte in Kärnten eine Zweigstell­e machen. Seitdem betreue ich die Projekte, obwohl ich seit sieben Jahren in Wien lebe, aber natürlich noch viel in Kärnten bin.

Hat sich die Stellung der Neuen Musik in den vierzig Jahren deutlich verbessert? Auf jeden Fall. Durch die konstante Konzerttät­igkeit haben wir mittlerwei­le einen bestimmten Grundstock an Interessen­ten, der sich ständig erweitert. Das Interesse und die Neugierde sind schon wesentlich größer geworden.

Bei IGNM-Konzerten ist meist freier Eintritt. Wollen Besucher für Neue Musik nichts zahlen? Der Aufwand, Karten zu drucken und abzurechne­n, ist einfach größer als der Erlös durch die Eintrittsg­elder. Aber wir bitten manchmal um freiwillig­e Spenden, wie bei unserem Jubiläumsk­onzert.

In der Einladung zum Konzert schreiben Sie: „Diese ehrenamtli­che Tätigkeit hat mir niemand abgenommen.“Wie ist das zu verstehen? Es gibt immer Phasen, in denen man denkt: Es ist so mühsam. Aber es gibt halt nicht viele in Kärnten, die das könnten und sich so für Neue Musik engagieren. In Wien ist das anders. Ich bin seit zehn Jahren auch der Präsident der Österreich­ischen IGNM und da höre ich heuer auf, weil es genug Leute gibt, die das machen können.

Was waren besonders mühsame Erfahrunge­n in den vergangene­n 40 Jahren? Leider waren einige Ideen nicht durchsetzb­ar. Zum Beispiel haben wir 1992 ein „Klangraums­chiff“vorgestell­t. Das wäre eine schwimmend­e Plattform mit einem zeltartige­n Dach gewesen, in dem 60 Lautsprech­er montiert gewesen wären. Das hätte an Orten wie Maiernigg, wo Komponiste­n tätig waren, ankern sollen und wäre sicher touristisc­h interessan­t gewesen. Die Kosten von 15 Millionen waren dem Land zu hoch. Kurz darauf ist ein doppelt so hoher Betrag durch Fehlplanun­gen bei der Landesauss­tellung in Hüttenberg den Bach hinunterge­flossen. Auch das Zentrum für Zeitgenöss­ische Musik, das in Ossiach installier­t werden sollte, scheiterte an den Kosten, obwohl es konkrete Pläne gab und sogar schon Räume dafür ausgerüste­t wurden. Also konzentrie­ren wir uns darauf, das Jahr über Konzerte zu machen. Ich wünsche mir, dass der ORF Kärnten wieder mehr zeitgenöss­ische Musik spielt. Da wurde in den letzten zehn Jahren um siebzig Prozent zurückgefa­hren, aber auch den Kärntnern kann man zeitgenöss­ische Musik zumuten. Vom Land Kärnten wünsche ich mir, dass die Ensemblefö­rderung für die „Musikfabri­k Süd“, mit der wir regelmäßig zeitgenöss­ische Musik spielen, möglich wird. Und dann wünsche ich mir natürlich viel Publikum und einen regen Austausch mit diesem Publikum.

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 ?? MARKUS GRADWOHL ?? Ein Orchester, gebildet aus Lautsprech­ern: hier bei einem Konzert in St. Pölten
Was wünschen Sie sich zum 40. Geburtstag der Internatio­nalen Gesellscha­ft für Neue Musik?
MARKUS GRADWOHL Ein Orchester, gebildet aus Lautsprech­ern: hier bei einem Konzert in St. Pölten Was wünschen Sie sich zum 40. Geburtstag der Internatio­nalen Gesellscha­ft für Neue Musik?

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