„Sprache ist ein schleichendes Gift“
Die einen verlangen anständig formulierte Äußerungen in der Politik, die anderen finden die Empörung übertrieben: Kickls Sager über konzentrierte Unterbringung von Asylwerbern wird im Leserforum rege diskutiert.
Leitartikel „Die falsche Aufregung“, 13. 1.
Ich bin weit davon entfernt, die Nazikeule zu schwingen. Sehr bedenklich stimmt mich aber schon die Sprache mancher Politiker. Sind verantwortungsvolle Politiker nicht in der Lage, öffentliche Äußerungen anständig zu formulieren, oder offenbart sich ein Denken, dass sich Bahn bricht? Vielleicht ist es aber eine beliebte Taktik, um Tabus langsam hoffähig zu machen. Man sagt Begriffe, welche so verstanden werden sollen, um nach Protesten diese als missverstanden zu erklären und notfalls um Entschuldigung zu bitten. Jedenfalls sollte man solche Begriffe öffentlich nicht nonchalant abtun, wie es Bundeskanzler Kurz getan hat. Sprache ist ein schleichendes Gift, wenn sie ideologisiert eingesetzt wird. Hierfür gibt es vielfältige Beispiele.
Die verantwortungslosen Äußerungen vieler Politiker sofort in die Nazi-Ecke zu schieben, ist genauso unsinnig wie Sozialismus mit stalinistischem Kommunismus gleichzusetzen. Sprachliche Sensibilität verlange ich von unseren Politikern.
Mag. Thomas Holzapfel,
Admont
Kein Philosoph
Im Ö1-Interview am 13. 1. 2018 verteidigte Minister Norbert Hofer seinen Ministerkollegen Herbert Kickl und sagte: „Er ist Philosoph.“In diesem Kontext erlaube ich mir, auf drei Aspekte hinzuweisen und Herrn Hofer zu widersprechen:
Politik steht unter dem Primat des Handelns in Interessens- und Sachzwängen – das Wort „Philosoph“kann hier nur inadäquat sein, weil ‚Philosophie‘ primär eine permanente gründliche Reflexion über sämtliche Lebensbereiche (ohne ‚Sachzwänge‘) ist.
Sprachliche und historische Genauigkeit und Sensibilität im öffentlichen Raum (besonders im Hinblick auf die nationalsozialistische Schreckensherrschaft) sind wichtig, weil Politikerinnen und Politiker ‚Bezugspersonen‘ vieler Menschen sind – ‚Philosophie‘ bemüht sich um Präzision in Denken und Ausdruck und spricht gegen Geschichtsvergessenheit.
Philosophische Menschen sind Personen, die auf Gott und die Welt einen kritischen Blick werfen, das Aufklärungsprojekt befördern, humanistische „Störenfriede“sind, gegen Zynismen auftreten und Anwälte der Würde des Menschen sind.
Intellektuelle Bescheidenheit und Wahrhaftigkeit sowie ein waches sprachlich-historisches Bewusstsein sind wesentliche Voraussetzungen für den politisch-demokratischen Prozess.
Andreas Rakowitz, Völkermarkt
Normales Wort
Ein großer Aufschrei der Gegnerschaft schallt durch das ganze Land, nur weil ein FPÖ-Politiker das Wort konzentriert verwendet hat. Ich bin mir ganz sicher, jeder Mensch in Österreich, der der deutschen Sprache mächtig ist, Kern mit seinem „Vollholler“mit eingeschlossen, hat das Wort schon einmal, wenn nicht sogar mehrmals ausgesprochen. Nur weil es aus dem Mund eines FPÖPolitikers kommt, wird ein Drama und ein Politikum daraus gemacht. Wieder einmal bewahrheitet sich der Ausspruch: Jeder ist so schlecht, wie er über andere denkt.
Irmtraud Netzberger, Klagenfurt
Klare Grenzen weisen
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler bitte seien Sie wachsam über Äußerungen Ihrer Minister: Flüchtlinge konzentriert, also eingesperrt unterzubringen. All das erinnert an schreckliche Zeiten brauner Vergangenheit. Weisen Sie im Be- wusstsein Ihrer Aufgabe als Bundeskanzler solchen Anfängen eine klare Grenze! Zeigen Sie in Ihrer Regierungsverantwortung ein klares Bekenntnis zum Humanismus in einem erstrebenswerten, lebenswerten und menschenfreundlichen Europa!
Dr. Gerhard Thoma, Weinitzen
Freund der Weisheit
Da sagt Norbert Hofer, dass Herbert Kickl ein Philosoph sei! Und legt dafür seine Hand ins Feuer. Hoffentlich hat er sich dabei nicht verbrannt. Denn von konzentrieren kommt das Konzentrationslager, kurz KZ genannt. Was darin und danach in Millionen Fällen geschah, vielleicht weiß das der Philosoph (= Freund der Weisheit, laut Duden). Man soll mit dem Feuer nicht spielen!
Dr. Erich Lindner,
Pubersdorf/Klagenfurt
Sprachwächter
Ein österreichischer Politiker hat das Wort „konzentrieren“verwendet. Dies hat in weiten Kreisen für helle Aufregung gesorgt. Man weiß zwar nicht so recht, warum, aber es könnte sein, dass Adolf Hitler dieses Vokabel öfter gebraucht hat. Daher ist der Unmut, den sogar unser verehrter Herr Bundes-
präsident gezeigt hat, berechtigt. Da Hitler in seinem Leben fast alle deutschen Begriffe öfter verwendet hat, sollte man endlich die nötige Konsequenz ziehen und die deutsche Sprache generell verbieten. Wenn man die Vielzahl der Bedeutungen dieses Wortes kennt (angereichert, gehaltvoll, aufmerksam, sich geistig sammeln usw., dann merkt man erst, welche Gefahr durch seine Verwendung besteht.
Gunter Sklenofsky, Villach
Missbrauchtes Wort
Das Wort „Konzentration“wurde von den Mördern der NSZeit eindeutig missbraucht. Es waren eindeutige Deportationslager, Todeslager, Vernichtungslager, Massenvernichtungslager die in Dachau, Treblinka, Buchenwald, Mauthausen usw. gebaut wurden – fürchterliche Orte für planmäßige Massentötungen. Wer jetzt einen Zusammenhang zwischen dem – sicher nicht gut gewählten – Sager des Herrn Kickl, von einer konzentrierten Unterbringung illegaler Asylwerber und den NS-Vernichtungslagern erfinden will, sollte vor der eigenen Haustüre kehren! Besonders der Herr Kern, sprengte gleich wie ein schneidiger Gardehusar auf die Walstatt! Seine Anwerbung und Anstellung eines Herrn Silberstein findet er wohl okay und vorbildhaft in der Politik!
Bei den vielen absurden und verdrehten Äußerungen, der „nach Luft schnappenden Empörten“, im In- und Ausland, stellt sich die berechtigte Frage: Wer hat die äußerst sachliche und wesentliche Fragen klärende Pressekonferenz, mit dem Innenminister, überhaupt gesehen?
Ing. Hans Peter Jank, Villach
Entgleisung
Während Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht gerade mit- reißend versucht, die Öffentlichkeit von der Europatreue seiner Regierung zu überzeugen, fällt ihm der Partner in den Rücken. Der Krim- und Putinfreund FP-Klubobmann Johann Gudenus hatte es sich nicht nehmen lassen, am verfassungswidrigen Nationalfeiertag der Republika Srpska teilzunehmen. Ziel ist ja bekanntlich die Abtrennung von Bosnien. Als Belohnung gab es für Gudenus einen Orden und einen weiteren als Mitbringsel für H. C. Strache. Bisher war nichts davon zu hören, dass er die Annahme versagt hätte.
Vielleicht ein Versehen, denn H. C. war damit beschäftigt, eine unverzeihliche Entgleisung seines Einflüsterers Herbert Kickl – er will Flüchtlinge an einem Ort, wie Kasernen, konzentrieren – auszubügeln. Der neue Heeresminister Mario Kunasek legte sich ebenfalls ins Zeug und verwies u. a. auf den Zapfenstreich, der nicht nur für Soldaten, sondern auch für Asylanten gelten soll. Von der Menschenrechtskonvention scheinen beide Herren nichts gehört zu haben oder sie wollen sich bewusst über sie hinwegsetzen.
Der Kanzler hat bisher geschwiegen. Allmählich ist es aber unerträglich, dass das Fehlverhalten von FP-Funktionären nicht zurückgewiesen wird, um von Österreich politischen Schaden abzuwenden.
Heinz Stritzl, Klagenfurt
Erratum „Die kleinen Tücken der Krone“, 13. 1.
Im Artikel über das 65. Kronjubiläum von Queen Elizabeth ist uns ein Tippfehler passiert: Wir schrieben, dass sie im Alter von 15 Jahren Königin wurde. Richtig wäre aber mit 25 Jahren gewesen. Wir bitten um Nachsicht.
Die Redaktion