Das letzte Hotel vor dem Abgrund
bewohnt, Ehepaaren ebenso wie hurtigen Seitenspringern, bis an die Zähne bewaffnet mit Häme und Bösartigkeiten, die oft die Tarnkappe des scheinbar Harmlosen tragen. Die Dialoge in den Zimmern werden immer wieder raffiniert ausgeblendet und verzahnt, neue Gesprächspartner kommen ins Spiel. Oder Einsame, die unentwegt ihr Handy bearbeiten.
Mit den Textvorlagen verfährt der Regisseur völlig freizügig, sie dienen ihm, von der „Gespenstersonate“bis zum „Peli- kan“, lediglich als Basismaterial. Gut so. Denn Stringberg erwies sich ab und zu schon auch als sprachlichlicher Holzschnitzer. Was alle Hotelgäste eint, ist die Tatsache, dass sie sich immer mehr in Scheinwelten verabschieden, eingesponnen, im doppelten Wortsinn, wie in einen Kokon.
Zu erleben ist eigentlich eine Trilogie. Die Texte zum ersten Teil könnten in all ihrer subtilen Bissig- und Boshaftigkeit, in all ihren Wortwitzen, durchaus auch von Woody Allen stammen. Hoher Unterhaltungswert dominiert, zumal die GespräPaaren
che nicht selten in den erotischen Bereich führen. In Teil zwei wohnt das Dämonische und das Damische Tür an Tür, in Teil drei liefert das Hotel die klare Bestätigung dafür, was es in Wahrheit ist: eine geschlossene Anstalt, eine aus der Zeit und der Realität gefallene letzte Bleibe vor dem Abgrund.
Es ist ganz großes Theater, das geboten wird, in bis an die Grenzen des auf der Bühne Realisierbaren reichend. Ermöglicht wird all das durch grandiose Akteurinnen und Akteure, die zum Teil mehrere Rollen verkörpern. Nicht nur verbeugen sollte man sich vor ihnen, sondern niederknien. Darstellungskunst in einer Gespensterkomödie, der es auch an Situationskomik nicht mangelt, in höchster Vollendung. Ganz und gar herausragend: Caroline Peter und Martin Wuttke, dieses Wandlungswunder, kaltschnäuzig, zerbrechlich, am Ende mit einem Wahnsinnsmonolog derart furios, dass ihm ein Ehrentitel gebührt: Glaubwürden.