So will sich der Möbelriese retten
Haarscharf entkam Kika/Leiner vor Weihnachten der Pleite. Internationale Geldgeber sorgen jetzt fürs Überleben. Aber sechs Standorte der Möbelkette könnten zusperren.
Nicht nur für die Mitarbeiter, auch für Kunden war es ein Schreckensszenario: Die Finanzdecke der österreichischen Möbelkette Kika/ Leiner war vor Weihnachten so dünn, dass nur ein Verkauf des traditionsreichen Kaufhauses in der Wiener Mariahilfer Straße an den Immobilien-Multi René Benko um kolportierte 60 Millionen Euro den Konkurs verhinderte. In die finanziell extrem prekäre Lage war Kika/ Leiner durch den Bilanzskandal bei der deutsch-südafrikanischen Muttergesellschaft Steinhoff geraten.
Im Parterre des Wiener Einkaufstempels trat dann gestern ein sichtlich gelöster Kika/Leiner-Chef Gunnar George vor die Presse. Er erläuterte die Details, wie es nun durch eine wohl dreistellige Millionenspritze zumindest in den nächsten ein bis zwei Jahren weitergeht. Kunden seien allerdings auch vorher schon auf der sicheren Seite gewesen, weil ihre Anzahlungen auf ein Treuhandkonto gegangen seien. Das „Cash Pooling“mit dem Konzern wurde gekündigt, Steinhoff hat keinen direkten Zugriff mehr auf Kika/Leiner-Geld.
Ist demnächst der Rückstau bei der Zahlung der Lieferan-
tenrechnungen abgearbeitet, geht es ans Aufräumen. „Wir müssen uns aufs Kerngeschäft konzentrieren“, so George. Wie viel Geld genau durch die Verhandlungen der Steinhoff-Geldgeber vergangene Woche in London nach Wien freigegeben wurde, sagte George nicht.
Klarheit darüber, wie viele der derzeit 50 österreichischen Standorte bleiben, will der Kika/Leiner-Chef spätestens in zwei Monaten haben. Fünf bis sechs stehen auf wackligen Beinen, vor allem der Westen dürfte betroffen sein. George hat aber auch Häuser in sehr ländlichen Regionen im Visier. „Orte, wo sich nicht sofort Konkurrent Lutz mit Mömax oder Möbelix draufsetzen könnte.“
Die neue Billigkette Lipo als dritte Marke mit erst kürzlich zwei neu eröffneten Standorten könnte indes bald schon wieder Geschichte sein. Denn sowohl für die Behebung des Investitionsstaus an den weniger gut laufenden alten Standorten als auch für den weiteren Ausbau des Billigkonzepts fehle das Geld, räumte George offen ein.
„Wir haben im Vorjahr 150 Millionen Euro investiert“, so George. Das sei aus den laufenden Einkünften bei 800 Millionen Euro Umsatz nicht zu verdienen gewesen. Beim eigentlichen Geschäft sei im Vorjahr (Geschäftsjahr Ende September) eine „schwarze Null“herausgekommen. Heuer sollen insgesamt 50 bis 60 Millionen Euro in die EDV-Aufrüstung für einen besseren Online-Auftritt, die Fertigstellung des Zentrallagers bei Linz und in die Restrukturierung fließen. Teilweise sei man 20 Jahre zurück, so George.
Bei den Lieferanten wird jetzt weiter aussortiert. Nach der Reduktion von 1700 auf 1100 im Vorjahr sollen heuer schlussendlich 800 übrig bleiben. Ob Kika/Leiner mit seinen insgesamt 7000 Mitarbeitern (davon 5400 in Österreich) und einer Milliarde Euro Umsatz auch verkauft werden könnte? George: „Das weiß man als Konzerntochter nie.“Die Marke sei jedenfalls stark.