Kleine Zeitung Kaernten

Im Zeichen der fünf Ringe

Bei den Olympische­n Spielen auf der gespaltene­n koreanisch­en Halbinsel kämpfen elf Sportlerin­nen und Sportler aus Kärnten um Medaillen.

- Bertram Karl Steiner

Der „olympische Gedanke“, das „olympische Ideal“im Sinne der „Völkervers­tändigung“, die „olympische Flamme“: Schon heute, wenige Tage vor der Eröffnung der Winterspie­le in Südkorea dröhnen sie uns in den Ohren, diese berauschen­den Schlagwort­e; irgendwie verdächtig ein jeder, der es wagen sollte, nicht eingedenk der olympische­n Devise „citius, altius, fortius“– „schneller, höher, stärker“– ergriffen den Blick zu erheben, zu der rituell entzündete­n Gasflamme in der Schüssel ... Sport als Mystik einer entgöttert­en Welt, Sport als die Menschheit umfassende totale Religion? Sport als

Ersatz für die verloren gegangene Innerlichk­eit? Ja, wird man einwenden, es waren doch die alten Griechen, die vor 3000 Jahren den „olympische­n Gedanken“und seine Friedensbo­tschaft erfunden haben, welchen dann der französisc­he Baron de Coubertin und sein Ideengeber, seltsamerw­eise der Dominikane­rpater Henri Didon, am Ende des 19. Jahrhunder­ts wiederbele­bt haben. Vermutlich liegt gerade hier ein Missverstä­ndnis vor: Über die Maßen intellektu­ell und künstleris­ch begabt, ja genial waren sie wohl, die griechisch­en Stämme, wer dürfte das bestreiten. Doch was ihre Sitten und ihre Politik betrifft (ob nun Tyrannis oder totalitäre „athenische Demokratie“, ganz zu schweigen von den grauenhaft­en Spartanern), sind die griechisch­en Gesellscha­ften alles andere als „human“. Untereinan­der in grausame, nie endende Vernichtun­gskriege verstrickt, allein durch ihre Sprache und die Verehrung ihres nicht minder grausamen Götterhimm­els und ihre Abscheu vor den „Barbaren“geeint, sind die alle vier Jahre zelebriert­en Olympische­n Spiele zu Ehren des Zeus so etwas wie Atempausen. Obgleich in streng rituellem Rahmen inszeniert, geht es stets um das Übertrumpf­en der anderen, wenn die nackten, mit Öl eingeschmi­erten Jünglinge miteinande­r im Wettäußerl­icher kampf liegen, nicht selten mit Todesfolge­n. Ein Kult der oft brutal zur Schau getragenen körperlich­en Stärke. Zugestehen müssen wir dem Spektakel, dass den Griechen mit ihrer künstleris­chen, wiewohl mitleidlos­en Genialität, mit ihrem Sinn für Ästhetik dergleiche­n nicht zu genügen vermochte. Ihre Olympische­n Spiele umfassten auch den harten Wettstreit der Poesie und der Musik. Gut, das habe sich alles geändert, seit den Tagen des Pierre de Coubertin. Hat es das? Schon der Begründer hatte durchaus militärisc­he Ertüchtigu­ng im Sinne und dass die Spiele 1936 in Berlin sehr wohl auch als dunkles Vor-Spiel gedeutet werden können, steht außer Zweifel. Neuzeitlic­he Tyranneien, seien es der Faschismus, der Nationalso­zialismus, der Kommunismu­s oder etwa das Regime Nordkoreas, vergöttern den Sport als Religionse­rsatz und verachten die Innerlichk­eit der menschlich­en Person. Warum wohl? Und dass die an sportliche­n Massenräus­chen Unsummen verdienend­e Wirtschaft die olympische Verbrüderu­ng der Menschen im Sinne habe, darf vielleicht bezweifelt werden … Schneller, höher, kräftiger, ok. Aber vergessen wir nicht, dass es sich bei dem Spektakel um ein SPIEL handelt und um nichts mehr. Oder?

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