Abwanderung setzt der einstigen Bergbaugemeinde Hüttenberg zu.
Von der blühenden Bergbaugemeinde zu einer der abwanderungsstärksten Gemeinden: In Hüttenberg fehlen Arbeitsplätze und Infrastruktur. Aber es gibt Hoffnung.
Thema: Randregionen Die großen Themen, die für Kärnten in den nächsten Jahren wichtiger werden und für die von der Politik die Weichen zu stellen sind.
Obwohl es ein sonniger Tag ist, fällt schon sehr früh am Nachmittag der Schatten auf Hüttenberg. Der Ort in dem engen Tal wirkt verlassen. Nur hin und wieder sieht man jemanden über den Reiftanzplatz in Richtung des einzigen Kaufmanns im Ort gehen. Die einst blühende Bergbaugemeinde zählt heute zu den abwanderungsstärksten Gemeinden in Kärnten. Mit der endgültigen Schließung des Erzbergbaus im Jahre 1978 war dieses Schicksal besiegelt. Zählte man damals noch mehr als 3800 Einwohner, sind es heute nur noch 1430. Viele von ihnen sind schon älter, die Jungen ziehen weg, weil es keine Jobs gibt.
In der Blütezeit
des Bergbaus fanden 4000 Menschen Beschäftigung. Einer der letzten 240, die noch die Schließungsarbeiten unter anderem im Erbstollen in Knappenberg durchgeführt haben, ist Willi Kleer. „Damals hat man uns gesagt, es wird nicht zugesperrt, bevor nicht Ersatzarbeitsplätze geschaffen werden“, sagt Kleer, der als Steiger gearbeitet hat und jetzt ehrenamtlich Führungen im Stollen macht.
Die traurige Wahrheit: Heute ist die Gemeinde der größte Arbeitgeber im Ort. Die Men- schen, die im Ort geblieben sind, müssen zum Großteil auspendeln. Und die wenigen kleineren Betriebe kämpfen um das wirtschaftliche Überleben. „Es ist schwierig, hier in der Region zu bestehen, aber der Beruf passt zum Bergbau und Hüttenberg ist einfach meine Heimat“, erzählt Heribert Wieland, der direkt im Ort eine Kunstschmiede betreibt. Heimatverbundenheit war es unter anderem, die Rupert Leikam 1990 zurück nach Knappenberg geführt hat, dem Ort, der sich einige Hundert Meter über Hüttenberg befindet. Er hat sich in der alten Tischlerei des ehemaligen Bergwerks mit einer Zinngießerei selbstständig gemacht und ist der einzige Zinngießermeister Österreichs. Der Großvater hat im Bergbau gearbeitet, der Vater war bei der Bergkappelle und der Onkel Reiftänzer. Leikam selbst ist Obmann des Reiftanzvereins. Alle drei Jahre wird der Tanz, der aus einem Streik der Knappen entstanden sein soll, vor Tausenden Besuchern aufgeführt. Und Leikam ist stolz, dass sich die jungen Leute aus der Gemeinde noch heute dafür begeistern – auch seine eigenen vier Söhne.
„Das Vereinswesen
ist wichtig, um junge Leute überhaupt noch im Ort zu halten“, sagt Bürgermeister Josef Ofner. „Wir müssen für die Jugend Anreize
schaffen. Und das Vereinsleben ist einer davon“, gibt Leikam ihm recht. Seine älteren Söhne wohnen in Knappenberg und pendeln täglich zur Arbeit. „Es wird aber immer schwieriger, sie zu motivieren, in Knappenberg zu bleiben.“Und dass die Straße, die vom Berg hinunter führt, so kaputt ist, dass Autoreparaturen an der Tagesordnung stehen, macht es nicht gerade einfacher.
„Die Infrastruktur
wird immer schlechter. Wir fühlen uns vom Land im Stich gelassen“, sagt der Bürgermeister. Nicht nur bei den Straßen, auch bei den Buslinien, die eine nach der anderen verschwinden, beim Poli- zeiposten, der 2014 geschlossen wurde, oder bei den Schulen, die Zug um Zug zugesperrt wurden. „Früher gab es in den Ortschaften der Gemeinde fünf Volksschulen und eine Hauptschule. Jetzt gibt es noch eine Volksschule in Hüttenberg mit 40 Schülern. Jeweils zwei Klassen werden gemeinsam unterrichtet. Gerade Schulen aber sind wichtig für die Identifikationsstiftung in einer Gemeinde.“
Dass die Schüler nach Althofen und Klein St. Paul auspendeln, spüren auch die Geschäfte. „Während der Blütezeit des Bergbaus hatten wir mehr als 20 Betriebe, und die Bergleute haben hier in der Gemeinde ihr Geld ausgegeben“, erzählt der ehemalige Bergmann Kleer. Jetzt wird oft unterwegs da eingekauft, wo die Kinder zur Schule gehen. „Wir versuchen den Leuten aber zu sagen, wie wichtig es ist, dass die Wertschöpfung in der Gemeinde bleibt, damit nicht auch noch die letzten Geschäfte zusperren“, sagt Ofner.
Wertschöpfung, vor allem nachhaltige, hatte man sich auch von der Landesausstellung „Grubenhunt und Ofensau“in der Heft versprochen. Geblieben ist mehr als 20 Jahre später ein Architekturjuwel, das dem Verfall preisgegeben ist. Einziger Besucher ist das Gras, das aus Boden und Wänden sprießt.
Große Hoffnungen
setzt die Gemeinde auf den Tourismus. Der berühmte Sohn der kleinen Gemeinde und Freund des Dalai Lama, Heinrich Harrer, hat ja ein Stück Tibet in die Region gebracht. Und das Jufa-Haus in Knappenberg, ein Beherbergungsbetrieb mit TibetSchwerpunkt, hat 2017 für 90 Prozent der 13.000 Nächtigungen gesorgt, erzählt Ofner. Was die Besucher schätzen? Die Natur und das Mystische, das dem Bergbau anhaftet. In der Schule in Hüttenberg werden Besucher von den Kindern mit „Glück auf“begrüßt. Ein Stück erfolgreicher Geschichte, von dem man sich nicht ganz verabschieden will.