Hubert Patterer über Bildungspolitik als Opfer der Außenwahrnehmung.
Das Problem der FPÖ mit ihren Rändern wirft einen Schatten auf die gesamte Regierungsarbeit. Das trifft vor allem den Bildungsminister, den bisher Besten im Team.
Schade um Heinz Faßmann. Sein sachpolitischer Esprit ist bemerkenswert und verdiente mediale Hinwendung. Sie unterbleibt, weil der Bündnispartner mit der Sicherung seiner ideologischen Außengrenzen nicht klarkommt und die Grenzverletzungen die ganze Außenwahrnehmung dieser Regierung überlagern.
Der sympathisch ungelenke Bildungsminister ist in seiner freundlichen, spröden Sachlichkeit die positive Überraschung des Kabinetts. In diesen ersten Wochen lancierte er gleich zwei bedeutende bildungspolitische Initiativen, die ihn als Anhänger des pragmatisch Vernünftigen ausweisen.
Das trifft auf das Modell der Sprachförderung für alle, die zu Beginn der Volksschule dem Unterricht nicht folgen können, ebenso zu wie auf das Konzept einer sanften qualitativen Steuerung an der Eingangspforte der Universitäten.
Beide Maßnahmen sind sinnvoll und so, wie sie aufgesetzt sind, erfrischend undogmatisch. Dass die SPÖ auf beide mit schablonenhaften Reflexen reagiert, zeigt, wie sehr sie in ihren alten Denkbahnen gefangen ist. Das Fördermodell ist in seiner semiverschränkten Ausformung eben keine „Ghettoisierung“. Und die Steuerung des Uni-Zugangs, die ein Mindestmaß an Eignung und Hingabe auslotet, eben kein „Anschlag auf die Studierenden“.
Ein Anschlag auf die Studierenden ist die gegenwärtige Praxis: dass die Prüfungsresistenten, die in hoher Zahl irgendwann seitlich abbiegen, den Entschlossenen die begrenzten Plätze blockieren. Dass nicht zu Beginn offen Grundsätzliches geklärt wird, sondern später verdeckt durch Knock-out-Prüfungen, um nur ja nicht das illusionäre Dogma zu entweihen.
Nicht die Dichte am Eingang sollte das Ziel sein, sondern die Dichte am Ausgang und dazwischen die Sicherung einer hochqualitativen, personell und budgetär aufgewerteten Lehre und Forschung, verknüpft mit einem professionellen Betreu- ungsschlüssel. So etwas nennt man anderswo Kundenorientierung. Und wenn diese gewährleistet ist, sind auch maßvolle Studiengebühren als Eigenbeitrag für eine lebenslange Dividende argumentierbar.
Bei Faßmann hat man das Gefühl, dass er den Hochschulen diese neue Perspektive aufspannen möchte. Der Paradigmenwechsel, den er angestoßen hat, sollte eine leidenschaftliche Debatte entfachen. Sie findet nicht statt, weil eine andere Debatte, jene über die hygienischen Probleme der FPÖ, medial alles zudeckt. Es lässt sich schwer Sachpolitisches verhandeln, wenn gleichzeitig der kulturelle Grundkonsens auf der Agenda steht. Schlagende Burschenschaften sind ein Randphänomen, sie stehen für nichts, was das Land heute ausmacht. Ihr deutschtümelndes Geschwurbel ist für die große Mehrheit eine Absonderlichkeit. Wechselt diese in verdichteter Form ihren Wohnsitz und nistet sich in den Steuerungsinstanzen der Republik ein, wird das Randständige zum ernsten Problem. Dann verformt sich das Antlitz des Landes. Das darf nicht geschehen.