Kleine Zeitung Kaernten

Wie die Burschensc­hafter in der Kärntner Politik mitmischen.

Fechten, singen, Machtzirke­l bilden. Wie die Burschensc­hafter in Kärnten mitmischen.

- Von Wolfgang Fercher

Am Ende könnte sogar die Auflösung stehen. Dann, wenn sich der Verdacht auf strafbare Handlungen nach dem NS-Verbotsges­etz bei der Wiener Neustädter Burschensc­haft „Germania“erhärtet. Mitglied

Udo Landbauer (FPÖ-Spitzenkan­didat für die NÖ-Landtagswa­hl) trat zurück. Parteiobma­nn Heinz-Christian Strache kündigte nach Auftauchen eines antisemiti­schen Liederbuch­es an, eine Historiker­kommission die Rolle der Burschensc­haften aufarbeite­n zu lassen. Über den Einfluss der Schlagende­n in der wird viel spekuliert – die Hälfte des Bundespart­eivorstand­es und ein Drittel der 51 Nationalra­tsabgeordn­eten sind sogenannte Korporiert­e. Viele Kabinettsm­itarbeiter kommen aus Burschen- oder Mädelschaf­ten.

In Kärnten haben die Schlagende­n, auf den ersten Blick, weniger Bedeutung. Zwei sind im Landespart­eivorstand: Klubobmann Christian Leyroutz und der Nationalra­tsabgeordn­ete Wendelin Mölzer, Sohn von Parteiurge­stein Andreas Mölzer. Leyroutz ist Mitglied (mittlerwei­le „alter Herr“) der akademisch­en Burschensc­haft Suevia in Innsbruck, die sich zur „deutschen Geschichte und Kulturnati­on“bekennt. Das sei im „historisch­en Konnex“zu sehen und gehe auf das deutsche Revolution­sjahr 1848 zurück, sagt Leyroutz. „Ich habe einen Eid auf Österreich abgelegt und bekenne mich ohne Vorbehalte zu Österreich als Nation“, betont er. „Wir haben mit dem Nationalso­zialismus nicht das Geringste am Hut.“Gesungen sei auch in seiner Verbindung worden. Das Lied mit der Textzeile „Wir schaffen die siebte Million“habe er, Leyroutz, nie gehört. „Diese Strophe ist natürlich untragbar.“

Als „Lebensbund“bezeichnet Andreas Mölzer die Burschensc­haften („das akademisch­e Potenzial der FPÖ“). Die Mensur, das Fechten, sei ein „Initiation­sritus“, der „zusammensc­hweißt“. Leyroutz focht in der Schülerver­bindung und zehnmal zu Hochschulz­eiten. Durch die späte Gründung der Universitä­t Klagenfurt (1970) haben Hochschulv­erbindunge­n hierzuland­e weniger Tradition als anderswo. Fünf Akademisch­e Burschensc­haften und 26 Mittelschu­lverbindun­gen gibt es derzeit in Kärnten – mit unterschie­dlichem Aktivitäts­grad.

Zwölf von ihnen sind laut „Landesverb­and der wehrhaft pennalen Korporatio­nen an Kärntens höheren Schulen“schlagende Burschensc­haften. Auf dessen Website ist von einem „staatlich gelenkten Bevölkerun­gsaustausc­h“im Jahr 2015 die Rede. „Ich kenne diese Worte nicht und würde sie so nicht wählen“, sagt Leyroutz, der in seinem Haus am Villacher Ring der schlagende­n Burschensc­haft „Tauriska zu Klagenfurt“einen Raum zur Verfügung stellt. Der „Verband Freiheitli­cher Akademiker“(Obmann ist Wendelin Mölzer) trifft sich ebenfalls dort.

Mölzer war in der Mittelschu­lzeit bei der Burschensc­haft „Arminia zu Villach“und dann, wie sein Vater, bei der „Vandalia Graz“. Auch Jörg Freunschla­g (Sudetia Wien), Jörg Haider (Silvana Wien) und dessen VorFPÖ

gänger als FPÖ-Chef in Kärnten, Mario FerrariBru­nnenfeld (Stiria Graz), waren Burschensc­hafter.

„Deutschnat­ionalismus“und „antislowen­ische Ressentime­nts“sieht Bernhard Weidinger vom Dokumentat­ionsarchiv des Österreich­ischen Widerstand­s (DÖW) in den Verbindung­en stark ausgeprägt. Bei der Aufarbeitu­ng der NS-Zeit war die FPÖ, wie auch die Kärntner SPÖ, wenig um Transparen­z bemüht, so das DÖW. „Daneben spielte in Kärnten auch das Großbauern­tum immer eine wichtige Rolle im Dritten Lager“, sagt Weidinger. So etwa die Hubers aus Albeck (Kriemhild Trattnig, Alois Huber) oder die Scheuchs aus Mühldorf (FPÖ-Mitgründer

Robert, später seine Enkel Kurt

und Uwe Scheuch).

Der heutige Landespart­eiobmann Gernot Darmann war, wie Vorgänger Christian Ragger, kein Burschensc­hafter, sondern in einer Katholisch­en Mittelschu­lverbindun­g (MKV) – eigentlich „Geburtsstu­nde“vieler ÖVP-Politiker, die sich dann auch im Cartellver­band (CV) treffen. Darmann pflegt gute Kontakte zu Ex-VP-Klubobmann Stephan Tauschitz. ExLandespa­rteiobmann Josef

Martinz war ebenfalls katholisie­benmal

scher Mittelschü­ler wie Bürgermeis­terlegende Leopold Guggenberg­er oder die Bischöfe

Egon Kapellari und Alois Schwarz. Leyroutz wird von vielen als der eigentlich­e starke Mann in der Kärntner FPÖ gesehen, der enge Bande zu Bur- schenschaf­tern im Landesdien­st pflegt und einen „Machtzirke­l“aufbauen wolle. Der Klubobmann hält nichts von „Verschwöru­ngen“, Burschensc­haften seien „eigentlich harmlos“. Nicht der Erste, der sich missversta­nden fühlt.

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„Alter Herr“: Andreas Mölzer
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Klubobmann Christian Leyroutz
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JUST, APA (2) Die Mitgliedsc­haft in einer schlagende­n Burschensc­haft ist einer Karriere in der FPÖ auf jeden Fall dienlich

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