Wie die Burschenschafter in der Kärntner Politik mitmischen.
Fechten, singen, Machtzirkel bilden. Wie die Burschenschafter in Kärnten mitmischen.
Am Ende könnte sogar die Auflösung stehen. Dann, wenn sich der Verdacht auf strafbare Handlungen nach dem NS-Verbotsgesetz bei der Wiener Neustädter Burschenschaft „Germania“erhärtet. Mitglied
Udo Landbauer (FPÖ-Spitzenkandidat für die NÖ-Landtagswahl) trat zurück. Parteiobmann Heinz-Christian Strache kündigte nach Auftauchen eines antisemitischen Liederbuches an, eine Historikerkommission die Rolle der Burschenschaften aufarbeiten zu lassen. Über den Einfluss der Schlagenden in der wird viel spekuliert – die Hälfte des Bundesparteivorstandes und ein Drittel der 51 Nationalratsabgeordneten sind sogenannte Korporierte. Viele Kabinettsmitarbeiter kommen aus Burschen- oder Mädelschaften.
In Kärnten haben die Schlagenden, auf den ersten Blick, weniger Bedeutung. Zwei sind im Landesparteivorstand: Klubobmann Christian Leyroutz und der Nationalratsabgeordnete Wendelin Mölzer, Sohn von Parteiurgestein Andreas Mölzer. Leyroutz ist Mitglied (mittlerweile „alter Herr“) der akademischen Burschenschaft Suevia in Innsbruck, die sich zur „deutschen Geschichte und Kulturnation“bekennt. Das sei im „historischen Konnex“zu sehen und gehe auf das deutsche Revolutionsjahr 1848 zurück, sagt Leyroutz. „Ich habe einen Eid auf Österreich abgelegt und bekenne mich ohne Vorbehalte zu Österreich als Nation“, betont er. „Wir haben mit dem Nationalsozialismus nicht das Geringste am Hut.“Gesungen sei auch in seiner Verbindung worden. Das Lied mit der Textzeile „Wir schaffen die siebte Million“habe er, Leyroutz, nie gehört. „Diese Strophe ist natürlich untragbar.“
Als „Lebensbund“bezeichnet Andreas Mölzer die Burschenschaften („das akademische Potenzial der FPÖ“). Die Mensur, das Fechten, sei ein „Initiationsritus“, der „zusammenschweißt“. Leyroutz focht in der Schülerverbindung und zehnmal zu Hochschulzeiten. Durch die späte Gründung der Universität Klagenfurt (1970) haben Hochschulverbindungen hierzulande weniger Tradition als anderswo. Fünf Akademische Burschenschaften und 26 Mittelschulverbindungen gibt es derzeit in Kärnten – mit unterschiedlichem Aktivitätsgrad.
Zwölf von ihnen sind laut „Landesverband der wehrhaft pennalen Korporationen an Kärntens höheren Schulen“schlagende Burschenschaften. Auf dessen Website ist von einem „staatlich gelenkten Bevölkerungsaustausch“im Jahr 2015 die Rede. „Ich kenne diese Worte nicht und würde sie so nicht wählen“, sagt Leyroutz, der in seinem Haus am Villacher Ring der schlagenden Burschenschaft „Tauriska zu Klagenfurt“einen Raum zur Verfügung stellt. Der „Verband Freiheitlicher Akademiker“(Obmann ist Wendelin Mölzer) trifft sich ebenfalls dort.
Mölzer war in der Mittelschulzeit bei der Burschenschaft „Arminia zu Villach“und dann, wie sein Vater, bei der „Vandalia Graz“. Auch Jörg Freunschlag (Sudetia Wien), Jörg Haider (Silvana Wien) und dessen VorFPÖ
gänger als FPÖ-Chef in Kärnten, Mario FerrariBrunnenfeld (Stiria Graz), waren Burschenschafter.
„Deutschnationalismus“und „antislowenische Ressentiments“sieht Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) in den Verbindungen stark ausgeprägt. Bei der Aufarbeitung der NS-Zeit war die FPÖ, wie auch die Kärntner SPÖ, wenig um Transparenz bemüht, so das DÖW. „Daneben spielte in Kärnten auch das Großbauerntum immer eine wichtige Rolle im Dritten Lager“, sagt Weidinger. So etwa die Hubers aus Albeck (Kriemhild Trattnig, Alois Huber) oder die Scheuchs aus Mühldorf (FPÖ-Mitgründer
Robert, später seine Enkel Kurt
und Uwe Scheuch).
Der heutige Landesparteiobmann Gernot Darmann war, wie Vorgänger Christian Ragger, kein Burschenschafter, sondern in einer Katholischen Mittelschulverbindung (MKV) – eigentlich „Geburtsstunde“vieler ÖVP-Politiker, die sich dann auch im Cartellverband (CV) treffen. Darmann pflegt gute Kontakte zu Ex-VP-Klubobmann Stephan Tauschitz. ExLandesparteiobmann Josef
Martinz war ebenfalls katholisiebenmal
scher Mittelschüler wie Bürgermeisterlegende Leopold Guggenberger oder die Bischöfe
Egon Kapellari und Alois Schwarz. Leyroutz wird von vielen als der eigentliche starke Mann in der Kärntner FPÖ gesehen, der enge Bande zu Bur- schenschaftern im Landesdienst pflegt und einen „Machtzirkel“aufbauen wolle. Der Klubobmann hält nichts von „Verschwörungen“, Burschenschaften seien „eigentlich harmlos“. Nicht der Erste, der sich missverstanden fühlt.