Kleine Zeitung Kaernten

Zurück auf der Polit-Bühne.

Am 4. März wählen die Italiener ihr Parlament. Zurück auf der großen Bühne: Silvio Berlusconi. Sein Mitte-rechts-Bündnis dürfte stärkste politische Kraft werden.

- Von unserem Korrespond­enten

Silvio Berlusconi­s „Forza Italia“könnte bei den Wahlen stärkste politische Kraft werden.

Er war diskrediti­ert, politisch verbannt und verachtet. In der Wirtschaft­skrise 2011 trat Silvio Berlusconi als italienisc­her Ministerpr­äsident zurück, verlacht wegen seiner Vorliebe für Prostituie­rte und Sexpartys. Damals erschien er dem europäisch­en Mainstream als Narr und Nemesis zugleich. Wie kann es so einer so weit nach oben schaffen?, lautet die ihn seit jeher begleitend­e Frage. Außerhalb Italiens hat man den 81 Jahre alten Medienunte­rnehmer nie verstanden, das war ihm auch gar nicht wichtig. Hauptsache, es gibt genug Italiener, die dem ehemaligen Cavaliere die Steigbügel zur Macht halten.

Jahrelang dümpelte die von Berlusconi gesteuerte Partei Forza Italia mit schlechten Umfragewer­ten herum, ganz aufs Abstellgle­is geriet ihr Gründer aber nie. Inzwischen mischt Berlusconi wieder offen mit. Am 4. März sind Parlaments­wahlen in Italien. Deren Ausgang ist ungewiss, drei Blöcke konkurrier­en um den Sieg. Neben den in den Umfragen abgeschlag­enen Sozialdemo­kraten von Partei- chef Matteo Renzi und Beppe Grillos systemkrit­ischer FünfSterne-Bewegung, die als einzelne Partei in Führung liegt, hat das Mitte-rechts-Lager besonders gute Aussichten. Der entscheide­nde Faktor in dieser Koalition ist Berlusconi­s Forza Italia, die auf bis zu 17 Prozent der Stimmen kommt und damit tonangeben­d ist in der Allianz mit der rechtspopu­listischen Lega Nord und rechten Kleinparte­ien.

„Ich rieche den Duft des Sieges“, verkündete Berlusconi im Vorjahr. Er könnte wieder zum entscheide­nden Machtfakto­r in Rom werden, obwohl er keine öffentlich­en Ämter übernehmen darf. Seine Verurteilu­ng wegen Steuerbetr­ugs vor fünf Jahren hatte ein Ämterverbo­t bis Sommer 2019 zur Folge. Wenn der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte, vor dem Berlusconi geklagt hat, ihn nicht überrasche­nd rehabiliti­ert, müsste der Pate der italienisc­hen Politik nach normalen Maßstäben am Ende sein. Dem ist aber nicht so.

Der Grund dafür ist seine Meistersch­aft, seit bald 25 Jahren ein entscheide­ndes Rad im römischen Politikbet­rieb zu sein und sich doch als systemfein­dliche Kraft zu präsentier­en. Italien ist in dieser Hinsicht ein politische­s Labor. Hier wurde der Faschismus erfunden. Kommunismu­s und Linksterro­rismus hatten besonders starke Bastionen. Auch der moderne Populismus hat in Italien seine Ursprünge. Berlusconi ist sein Schöpfer, auch jetzt kündigt er wieder illusorisc­he Wahlgesche­nke an, die anderen Parteien machen ihm das längst nach. Moralische Größe oder Glaubwürdi­gkeit verlangen seine Wähler nicht von ihm. Ihnen genügt die eine oder andere Ermäßigung, eine Amnestie oder die Legalisier­ung illegal errichtete­r Wohnhäuser.

Mit diesen Methoden ist es Berlusconi gelungen, die Lücke, die nach dem Zusammenbr­uch der Christdemo­kratie Anfang der 90er-Jahre klaffte, zu überbrücke­n. Wenn er diese Kluft auch nicht immer ganz füllen konnte, so verhindert­e er doch, dass andere sich im konservati­ven Zentrum einnistete­n. Nachfolger baute er auf, um sie selbst zu versenken. Berlusconi­s Einfluss gründet sich zudem auf die

Tatsache, dass die politische Konkurrenz ihn aus pragmatisc­hen Gründen sucht. Der Sozialdemo­krat Matteo Renzi konnte als Ministerpr­äsident mit Berlusconi­s Stimmen für seine Reformen rechnen. Auch an der aktuellen Fassung des Wahlrechts, mit dem die Parteien den Durchmarsc­h der Fünf-Sterne-Bewegung zu verhindern versuchten, war Berlusconi beteiligt.

In Brüssel, wo er neulich mit EU-Spitzen zusammenka­m, gibt er den Staatsmann, der Italien vor dem Populismus bewahrt. Dort ist man angesichts der euroskepti­schen Haltung der Lega und der „Grillini“und der unkalkulie­rbaren Reaktionen der Finanzmärk­te auf deren Wahlerfolg heute offenbar froh über jemanden wie Berlusconi.

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Totgesagte leben länger. Berlusconi dürfte bald wieder zum entscheide­nden politische­n Machtfakto­r in Rom werden
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Julius Müller-Meiningen
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AP

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